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AK-Chef Kaske lässt sich von der Regierung nicht drängen: "Die Welt wird sich weiterdrehen auch nach dem 30.6."

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Wien – In der Diskussion um eine flexiblere Arbeitszeit trommelt die Arbeiterkammer weiter ihre Forderung, dass Überstundenzuschläge erhalten bleiben müssen. "Überstunden müssen Überstunden bleiben", sagte AK-Präsident Rudolf Kaske am Montag vor Journalisten. Es gebe ohnehin jetzt schon eine Vielzahl von Möglichkeiten, länger und flexibel zu arbeiten, so Markus Wieser, Präsident der Arbeiterkammer Niederösterreich.

In Wahrheit gehe es nicht um die Flexibilität der Arbeitnehmer, meint Wieser: "Es wäre viel ehrlicher, wenn die Arbeitgeber sagen würden, dass es ausschließlich um die Reduktion oder Abschaffung von Zuschlägen geht." Man würde die Arbeitnehmer irreführen mit dem Versprechen, sie könnten ihre Zeit flexibel einteilen, denn in den meisten Jobs sei die Arbeitszeit vorgegeben: Vom Schichtarbeiter über den Busfahrer bis zum Spitalsarbeiter müssten alle pünktlich kommen und gehen. Wie von den Arbeitgebern gefordert zwölf Stunden pro Tag oder 60 Stunden pro Woche zu arbeiten, gebe es jetzt schon, aber "es geht nicht ohne Zuschläge".

Leichterer Zugang zu sechster Urlaubswoche

Kaske wirbt für eine "gerechtere Verteilung der Arbeitszeit", wo man berücksichtige, dass Vollzeitbeschäftigte im Schnitt weniger, Teilzeitbeschäftigte mehr arbeiten wollen. Außerdem brauche es insgesamt eine Arbeitszeitverkürzung, "zum Beispiel eine leichtere Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche". Auch der Rechtsanspruch auf eine Woche Weiterbildung im Jahr – eventuell mit Ansparen und geblocktem Verbrauch dieser Zeit – bleibe eine Forderung. Kaske will auch für Teilzeitbeschäftigte einen 50-prozentigen Zuschlag ab der ersten Mehrarbeitsstunde sicherstellen.

Die Regierung hat den Sozialpartnern vorgegeben, bis Juni eine Einigung zu einer Mindestentlohnung von 1.500 Euro zu finden. Kaske sagte zwar, er nehme "alles ernst, auch Termine", zugleich will er sich aber zeitlich nicht drängen lassen. "Die Welt wird sich weiterdrehen auch nach dem 30.6.", so Kaske.

Stillschweigen

"Das Wesen von Verhandlungen ist, dass man mit dem Verhandlungspartner verhandelt und sich nicht gegenseitig etwas ausrichtet", so Kaske zum Abschluss seiner Forderungen. Man werde auf Präsidenten- und Expertenebene mit den Sozialpartnern verhandeln. "Wir hören uns öfter, wir treffen uns öfter, wir telefonieren fast täglich", aber es sei Stillschweigen vereinbart worden. "Ich denke, wir können Ihnen dann im späten Frühjahr ein Zwischenergebnis oder ein Endergebnis präsentieren."

Die Arbeiterkammer legte am Montag eine Befragung von 2.000 Arbeitnehmern vor. Demnach sind Menschen, die Gleitzeit haben, also ihre täglichen Beginn- und Schlusszeiten selber aussuchen können, zu rund 70 Prozent zufrieden, nur vier Prozent sind unzufrieden. Dabei kritisieren 60 Prozent, dass ihnen Plusstunden gestrichen oder Zuschläge vorenthalten würden. Auch die Arbeitgeber profitieren von der Gleitzeit, ergibt die Studie, denn die Befragten sagten, sie würden ihre Arbeitszeit vor allem nach der Arbeitsmenge gewichten, private Verpflichtungen seien weniger wichtig.

Kurzfristig angesetzte Arbeitspläne

Dort hingegen, wo flexible Zeiten von der Firma vorgeschrieben werden, seien nur 30 Prozent sehr zufrieden, 24 Prozent hingegen ausdrücklich unzufrieden. Ein Problem sei insbesondere, dass mehr als die Hälfte (52 Prozent) erst weniger als 14 Tage im Voraus erfahren, wann sie arbeiten müssen.

Häufige lange Arbeitszeiten seien außerdem gesundheitsschädlich: Von den Arbeitnehmern, die mehrmals im Monat an einzelnen Tagen länger als 10 Stunden bzw. in einzelnen Wochen mehr als 50 Stunden arbeiten, gehen 33 Prozent davon aus, dass sie dieses Tempo nicht bis zur Pensionierung durchhalten können. Bei Menschen ohne lange Arbeitszeiten seien dies nur 13 Prozent, sagte AK-Direktor Christoph Klein. (APA, 20.2.2017)