Kardinal Raymond Burke ist "erstaunt" und wirft dem interimistischen Leiter des Malteserordens "Verleumdung" vor.

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Auf Guam untersucht Burke Anschuldigungen gegen Erzbischof Anthony Apuron.

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Wien/Rom – Der päpstliche Botschafter beim Malteserorden in Rom, Kardinalpatron Raymond Leo Burke, hat mit scharfen Worten zurückgewiesen, im Dezember den Rücktritt des Großkanzlers der Malteser, Albrecht von Boeselager, gefordert zu haben.

Burke reagiert damit auf ein Interview des STANDARD mit dem interimistischen Leiter des Malteserordens, Großkomtur Ludwig Hoffmann-Rumerstein.

Bei dem Treffen am 6. Dezember des Vorjahres waren neben dem Kardinalpatron und dem Großkanzler nur der Großkomtur und Großmeister Matthew Festing anwesend. Dabei war über die Verantwortung für die Verteilung von Kondomen im Rahmen eines Projekts der Hilfsorganisation Malteser International in Myanmar vor einigen Jahren gesprochen worden. Festing hatte in der Folge die Entlassung Boeselagers durchgesetzt, woraufhin der Papst intervenierte. Festing musste Ende Jänner zurücktreten, und Boeselager erhielt sein Amt zurück, Hoffmann-Rumerstein leitet seither den Orden interimistisch.

"Er war ungehalten"

Hoffmann-Rumerstein sagte zum STANDARD, dass bei der Sitzung keine Diskussion stattgefunden habe, sondern vielmehr nur "ein Gespräch zwischen Kardinal Burke und Boeselager".

"Das Gespräch fand in einer normalen Gesprächsform statt. Boeselager hat zu den Rücktrittsforderungen von Kardinal Burke Nein gesagt", erklärte der Großkomtur. Auf die Frage nach der Reaktion Burkes sagte Hoffmann-Rumerstein: "Er hat jedenfalls den Kopf geschüttelt. Er war ungehalten, das kann man sagen. Er hätte sich erwartet, dass Boeselager den Rücktritt erklärt."

Burke spricht von "Verleumdung"

Laut "National Catholic Register" bestritt der US-Amerikaner Burke nun den Bericht Hoffmann-Rumersteins vehement: "Die Darstellung von Fra' Ludwig Hoffmann von Rumerstein ist nicht richtig. Ich hatte keine Befugnis, den Großkanzler zum Rücktritt aufzufordern. Ich habe bloß festgestellt, dass die Person, die wissentlich die Verteilung von Verhütungsmitteln in den Ordenswerken zugelassen hat, die Verantwortung übernehmen sollte. Und dann hat der Großmeister erneut den Großkanzler aufgefordert, zurückzutreten, was dieser verweigerte. Dann verfügte der Großmeister seine Entlassung ganz ohne meine Beteiligung. Die Darstellung des Großmeisters und von mir bleibt aufrecht."

"Um ehrlich zu sein, bin ich darüber erstaunt, was Hoffmann von Rumerstein in dem Artikel sagt. Ich halte es für eine Verleumdung", wird der Kardinal zitiert.

Burke auf Insel Guam geschickt

Burke weilt zurzeit mehr als 12.000 Kilometer von Rom entfernt auf der Pazifikinsel Guam. Dorthin wurde er beordert, um eine Untersuchung über Missbrauchsvorwürfe zu leiten. Erzbischof Anthony Apuron wird vorgeworfen, in den 1970er-Jahren mehrere Ministranten missbraucht zu haben. In einem Interview mit einem italienischen TV-Sender bestritt Burke, dass die Entsendung nach Guam eine Bestrafung sei.

Der erzkonservative Kardinal war in den vergangenen Monaten aufgrund von Meinungsverschiedenheiten bezüglich des päpstlichen Schreibens "Amoris laetitia" in einem Dauerkonflikt mit Papst Franziskus. Gemeinsam mit drei anderen Kardinälen hatte er öffentlich Kritik am liberaleren Kurs des Papstes in Fragen der Sexualmoral und des Themas der Kommunion für Wiederverheiratete geübt und Franziskus sogar mit einer "formalen Korrektur" gedroht. Burke leitete früher die Apostolische Signatur, den Obersten Gerichtshof des Vatikans, bevor er vom Papst auf den Posten des Kardinalpatrons beim Malteserorden versetzt wurde. Nach dem Rücktritt Festings ernannte Franziskus jedoch Erzbischof Giovanni Angelo Becciu zum päpstlichen Delegaten beim Malteserorden, Burke ist damit de facto als Kardinalpatron kaltgestellt.

"Schlimmer als erwartet"

Auf Guam traf Burke gemeinsam mit Kollegen Roland Sondia, der die Vorwürfe erhoben hatte. Sondia hatte öffentlich behauptet, Apuron habe ihn missbraucht, als er 15 war. Da bei diesem Treffen jedoch Sondias Rechtsanwalt David Lujan nicht anwesend sein durfte, verweigerte Sondia die Aussage. Lujan sagte, das Vorgehen sei "schlimmer als erwartet".

Sondia hätte ohne seinen Rechtsbeistand von dem "Staatsanwalt, der ein Priester ist, und dem Anwalt des Erzbischofs Apuron, der ein Priester ist, und dem Vorsitzenden Kardinal Burke und einem Notar, der auch ein Priester ist", befragt werden sollen. "Wir hatten das Gefühl, dass es nicht im Interesse meines Mandanten ist, in dieser Position zu sein", sagte Lujan. Sondia könnte eine schriftliche Darstellung übermitteln. (Michael Vosatka, 20.2.2017)