Neben dem Intercontinental beim Eislaufverein soll ein neuer Wohnturm entstehen, das Hotel selbst könnte abgerissen und ersetzt werden.

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Wien – Vergangenen Mai hat das Welterbekomitee (World Heritage Committee) der Unesco die Republik Österreich aufgefordert, bis 1. Februar unter anderem zum umstrittenen Bauvorhaben auf dem Wiener Heumarkt Stellung zu nehmen. Der Projektentwickler Wertinvest plant seit längerem, auf dem Gelände neben dem Hotel Intercontinental, dem Eislaufverein und dem Konzerthaus ein Wohngebäude zu errichten. Weil das Haus ursprünglich 75 Meter hoch werden sollte, wurden bald Befürchtungen laut, das historische Wiener Zentrum könnte seinen 2001 erlangten Status als Unesco-Weltkulturerbe verlieren. Größte Kritikpunkte waren die Nähe des Hochhauses zur Wiener Innenstadt und die Verbauung der Sichtachse vom Oberen Belvedere aus.

In der am 31. Jänner übermittelten und am Montag veröffentlichten Stellungnahme des Kulturministeriums im Bundeskanzleramt heißt es, "betreffend das Projekt 'Wiener Eislaufverein – Intercontinental – Hotel Wiener Konzerthaus' wurde gegenwärtig keine endgültige politische Entscheidung getroffen, um das Projekt nach den Plänen umzusetzen, die dem World Heritage Center am 13. Dezember 2016 übermittelt wurden". De facto handelt es sich dabei um eine Unzuständigkeitserklärung – der Wiener Landtag und Gemeinderat müsse als zuständige Körperschaft diese Entscheidung mit einer Stimmenmehrheit treffen, lässt das Ministerium im Namen der Republik die Unesco wissen. Bei einem möglichen Beschlussantrag im heurigen Frühjahr sei frühestens 2019 mit einem Baubeginn zu rechnen.

Bundeskanzleramt beruft sich auf Revision

Inhaltlich beruft sich das Kulturministerium in seinem Statement lediglich auf die Ergebnisse eines schon im Dezember bekannt gewordenen Revisionsprozesses, wonach die Maximalhöhe des Gebäudes auf 66,3 Metern reduziert werden soll. Dadurch würde die Höhe ähnlicher Gebäude in der Umgebung nicht übertroffen und das Haus sich in das Stadtbild einfügen. Gemeinsam mit einer gegenüber den Ursprungsplänen ebenfalls schmaleren Gebäudesilhouette "senkt diese Verminderung die Auswirkungen auf die visuelle Integrität des historischen Wiener Stadtkerns". Das Ministerium spielt in diesem Punkt auf das unweit vom Heumarkt gelegene Bahnhofs- und Einkaufszentrum Wien-Mitte an, das die Unesco trotz einer Gebäudehöhe von 75 Metern sehr wohl akzeptiert hatte.

Zudem solle ein Neubau anstelle des Hotels Intercontinental dessen "Plattenbaustil" ersetzen. Auf dem Dach angebrachte Strukturen wie Lüftungs- und Liftschächte, die derzeit das Stadtbild "verschandeln", sollen bei dem neuen Gebäude in das Dach integriert werden und so "visuell weniger hektisch" erscheinen. Das sei ebenso als positive Entwicklung im Sinne der Unesco-Kriterien zu sehen wie die geplante Unterbringung von Teilen der Universität für Musik und darstellende Kunst auf dem Gelände, sobald der Umbau abgeschlossen ist.

Ferner informiert die Republik die Unesco, dass die Stadt Wien ihr generelles Konzept für Hochhäuser und Dachkonstruktionen hinsichtlich ähnlich gelagerter Vorhaben in Zukunft überarbeiten wird. Die Stellungnahme wird bei der 41. Sitzung des Welterbekomitees kommenden Juli in Krakau berücksichtigt, wenn die Unesco darüber urteilt, ob das historische Zentrum Wiens auf die Rote Liste bedrohter Welterbestätten gesetzt werden soll.

Fall wurde zum Politikum

An den Wertinvest-Plänen gibt es bereits seit ihrer Präsentation im Jahr 2013 Kritik. Die Unesco beziehungsweise Icomos, eine ihrer Beraterstellen, warnten schon damals, dass höher als 45 Meter aufragende Bauwerke der Welterbekonvention ernsthaft zuwiderlaufen würden. Inzwischen ist der geplante Wohnturm zum Politikum geworden: Planungsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) war erst wegen des "sensiblen Standortes" skeptisch, hoffte später auf eine Einigung, da Wertinvest die Vorgaben der Stadt erfüllt habe, verfügte schließlich aber eine "Nachdenkpause".

In der Zwischenzeit wurden die Proteste lauter, zuletzt forderten Künstler einen Projektstopp, und am Montag brachten die Initiativen Stadtbildschutz und Denkmalschutz eine Petition gegen die Umwidmung ein. Wertinvest-Chef Michael Tojner glaubt nach wie vor an einen Baubeginn 2019. (mcmt, 20.2.2017)