
Jazz, Elektronik und Hip-Hop: Der Salzburger Keyboarder Philipp Nykrin ist ein versierter Wanderer durch diverse Genres.
Wien – Der Mann kann sanft-bluesig klingen, am Klavier entwickelt er aber auch elegant lineare Pointen im Sinne der Moderne. Zudem sind da auch elektronische Einfärbungen, die Philipp Nykrin auf seiner CD Songbook als Zeitgenossen ausweisen, der sich als Keyboarder offen an diversen Stilfragen abarbeitet und auch Grooves nicht verschmäht. "Es ist eigentlich Segen und Problem zugleich, dass ich in vielen Bereichen tätig bin. Letztlich geht es ja darum, was ich selbst aussagen will; der Prozess, den ich durchlaufe, hat schon mit Selbstfindung zu tun."
Nykrin, der am Mittwoch im Wiener Konzerthaus zu hören sein wird, geht langsam, aber stetig den Weg der Verdichtung des eigenen Stils: "Das ist auch beim Songbook der Fall. Mein Stil? Es gibt einen gewissen Hang zum wiederkehrenden rhythmischen Element, auch bei getragenen Stücken. Gewisse Harmoniefolgen sind typisch wie auch das Spiel mit Loops. Ich habe auch eine recht klare Vorstellung davon, wie ich Akustisches mit Elektronischem kombinieren will. Das kann dann zu provokanten Reibungen führen."
Beim Komponieren geht Nykrin den Weg des Materials, des Augenblicks vielleicht: "Ich lasse das zu, was sich gerade aufdrängt, wozu einen das momentane Bedürfnis hinführt." Stil passiert dann einfach, Stildefinitionen sind ihm letztlich nicht wichtig. Wobei: Ein Album solle schon vielseitig sein, und Songbook ist es. "Ich spiele ja auch gerne mit den Sachen, das Stück Final Boss ist etwa eine Hommage an die Computerspielmusik."
Die Vorbilder
Was Nykrin, der in Salzburg mit sechs Jahren begann, Geige zu spielen, bei manchem, was er so hört, abgeht, das "ist die Suche danach, was mit einer Komposition ausgesagt werden soll". Ein Vorbild ist für ihn in dieser Hinsicht etwa "die Formation The Bad Plus. Die klingen nie fad, und sie sind natürlich auch grandiose Instrumentalisten. Gitarrist Bill Frisell ist auch so ein Beispiel. Nennen würde ich außerdem Lazaretto, das Album von Jack White." Stilistisch sei "das alles komplett unterschiedlich. Dennoch habe ich das Gefühl, dass hier immer überlegt wurde, was man mit dem Album aussagen will."
Nykrin ist offenbar ein genauer Komponist, was heißt: "Es kommt selten vor, dass ich mit nicht genau ausgearbeiteten Stücken zu einer Probe komme. In der Regel ist alles fertigkomponiert. Bei der Band Namby Pamby Boy mache ich manchmal Ausnahmen, das ist eine Workingband, in der genug Zeit bleibt, auch nicht fertiges Material auszuprobieren." Auch diese Combo (mit Saxofonist Fabian Rucker und Drummer Andreas Lettner), die sich selbst als die "erste Indie-Band mit Bildungsauftrag" bezeichnet, konnte schon im Konzerthaus reüssieren. Und Nykrin sorgte vom Keyboard aus für eine raffinierte Soundlandschaft, die weit über die Konventionen der obligaten Jazzwelt hinausgeht.
Wien, wie man es schätzt
Geografisch betrachtet nennt Nykrin zwei Heimaten: "Wien und Salzburg, wo ich herkomme. Nein, ich bin nicht davongelaufen aus Salzburg, ich wollte einfach woanders hin. Wien ist eine tolle Arbeitsplattform, es arbeiten hier viele Leute, die ich schätze. Musikalisch tut sich sehr viel, auch wenn Wien nicht die größte Stadt der Welt ist. Zudem ist es ein guter Ort, von dem aus man elegant auf Tour gehen kann."
Auf der Suche nach der Essenz des eigenen Stils, der Suche nach dem Wesentlichen der eigenen Musik wird es auch eine Hinwendung zur "Einsamkeit" geben. "Ich werde sicher auch einmal ein reines Soloalbum einspielen – es ist für einen Pianisten eine Herausforderung, allein auf der Bühne zu stehen." Im Konzerthaus wird man ihn solo hören. Aber nicht nur. Da ist auch die Stimme von Yasmo und das Ensemble Wire Resistance. Es geht um Vielfalt. (Ljubisa Tosic, 21.2.2017)