Richard Bernstein (Mitte) mit Michael Fembek (Essl Foundation) und Paul Luiki (Fellner, Wratzfeld & Partner).

Foto: FWP / Katharina Schiffl

Die amerikanische Justiz lässt sich von den Angriffen von US-Präsident Donald Trump auf jene Bundesrichter, die seinen Einreisestopp für Bürger aus sieben muslimischen Ländern blockiert haben, nicht einschüchtern, betonte Richard H. Bernstein, Richter am Obersten Gerichtshof im US-Bundesstaat Michigan, in Wien.

"Wir sind es gewohnt, unpopuläre Entscheidungen zu treffen, auf die Menschen zornig reagieren", sagte der 42-jährige Demokrat, der seit seiner Geburt blind ist, bei einem Round Table in der Wiener Anwaltskanzlei Fellner, Wratzfeld & Partner. "Aber wir haben eine dicke Haut." Nur die Gerichte könnten entscheiden, ob eine Maßnahme verfassungskonform sei oder nicht. "Das kann uns niemand wegnehmen. Wir sind ein Drittel der Regierung."

Trump hatte nach der gegen seinen Erlass gefällten Verfügung von einem "sogenannten Richter" getwittert und auch dem Berufungsgericht, das die Entscheidung bestätigte, vorgeworfen, die Sicherheit des Landes zu gefährden.

"Alternative Fakten" verwenden

Die Richter könnten sich dagegen nicht direkt wehren, weil sie keine politischen Aussagen treffen dürften. Aber sie würden dem Druck aus Washington auch nicht nachgeben, sagte Bernstein. Er selbst freue sich darauf, in einer Urteilsbegründung den Begriff "alternative Fakten" zu verwenden.

Bernstein wurde 2014 in einer Volkswahl in das siebenköpfige Höchstgericht gewählt, wo er nur einer von zwei Demokraten ist. Im Wahlkampf hätte sein republikanischer Rivale achtmal so viel Geld gehabt, er aber hätte mit Dauereinsatz und dem Slogan "Blinde Justiz" klar gesiegt.

Schwieriger Alltag

Im vergangenen Dezember musste sein Gerichtshof über den Antrag einer Neuauszählung der Stimmen für die Präsidentschaftswahl entscheiden, die Trump in Michigan nur ganz knapp für sich entschieden hatte. Doch mit seiner Forderung nach einer genauen Überprüfung sei er im Gremium allein geblieben, berichtete Bernstein. Dank der Wahlmänner aus Michigan wurde Trump Präsident.

Sein Alltag als Richter sei von den Schwierigkeiten geprägt, sich ohne Sehvermögen an den Diskussionen über alle Fälle zu beteiligen und so Entscheidungen beeinflussen zu können. Dafür müsse er jede Woche 26 lange Schriftsätze auswendig lernen – eine Fähigkeit, die er schon im Studium und seiner früheren Arbeit als Anwalt und Rechtsprofessor perfektioniert habe. "Mein Tag ist deshalb 15 Stunden lang", berichtet Bernstein, der trotz seiner Blindheit regelmäßig Marathon läuft und bei Ironman-Wettbewerben mitmacht. (Eric Frey, 22.2.2017)