Bild nicht mehr verfügbar.

Vor der spanischen Botschaft in Lissabon kam es immer wieder zu Protestkundgebungen gegen das AKW Almaraz. Die Aktivisten befürchten, dass bei einem atomaren Unfall auch Flüsse in Portugal verschmutzt werden könnten.

Foto: Reuters /Rafael Marchante

Es ist eine schlechte Woche für Spaniens Atomindustrie. Am Dienstag stoppte Brüssel vorerst den Bau eines Atommüllzwischenlagers im südspanischen Almaraz, und am Mittwoch stimmte die Energiekommission des spanischen Parlaments gegen die Wiederinbetriebnahme des ältesten Reaktors des Landes unweit der nordspanischen Stadt Burgos. Beide Entscheidungen sind ein herber Rückschlag für den Plan der AKW-Betreiber, die Laufzeit der sechs spanischen Atomkraftwerke von bisher vorgesehenen 40 auf 60 Jahre zu verlängern.

Der Baustopp des Zwischenlagers auf dem Gelände des AKWs in Almaraz geht auf eine Klage der Regierung Portugals vor der EU-Kommission zurück. Am 16. Jänner beschwerte sich Lissabon darüber, von Spanien nicht angehört worden zu sein.

Almaraz liegt am Tajo, der unweit des AKWs nach Portugal fließt. Unter dem Namen Tejo ist er der größte Fluss Portugals. Die Regierung befürchtet, dass ein Unfall in Almaraz weite Teile des Landes in Mitleidenschaft ziehen könnte. Für die Genehmigung sei daher eine Umweltstudie unter Einbeziehung der portugiesischen Behörden notwendig. Alle Parteien im portugiesischen Parlament unterstützten eine Resolution gegen den Bau des Zwischenlagers in Almaraz.

Externe Inspektoren zu lassen

Jean-Claude Juncker, EU-Kommissionspräsident, vermittelte zwischen Lissabon und Madrid. Das Ergebnis: Portugal zieht die Klage vorerst zurück. Spanien verpflichtet sich, alle Informationen an die Behörden im Nachbarland weiterzuleiten und Inspektoren aus Lissabon und Brüssel auf das Gelände in Almaraz zu lassen. "Die Vereinbarung sieht vor, dass Portugal weiterhin alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen kann", erklärt der portugiesische Außenminister, Augusto Santos Silva, nach der Unterzeichnung des Abkommens am Dienstag. Die Umweltschutzorganisationen begrüßen den einstweiligen Stopp, hätten es allerdings lieber gesehen, dass Portugal die Klage aufrechterhält.

"Das Zwischenlager ist der erste Schritt, um die Laufzeit der beiden Reaktoren in Almaraz von 40 auf 60 Jahre zu verlängern", ist sich Francisco Castejón, Sprecher von Ecologistas en Acción, einer der wichtigsten spanischen Umweltschutzorganisationen, sicher. Die bisherigen Becken für ausgediente Brennstäbe auf dem Gelände des größten spanischen AKWs reichen für den anfallenden Atommüll bis zum Ende der Betriebsgenehmigung 2020. Ein neues Zwischenlager mit weiteren 20 Containern ergebe nur Sinn, wenn die Laufzeit darüber hinaus verlängert werden soll.

Gegen Laufzeitverlängerung

Almaraz ist nicht das einzige Indiz dafür, dass es den beiden großen spanischen Energierversorgern Iberdrola und Endesa um eine generelle Laufzeitverlängerung geht. Sie haben mit Erfolg beim Nuklearen Sicherheitsrat (CSN) die Wiederinbetriebnahme des AKWs Garoña nahe der nordspanischen Stadt Burgos beantragt, und das, obwohl der Reaktor älter als 40 Jahre ist. Im spanischen Parlament macht sich Widerstand gegen diese Laufzeitverlängerung breit. Am Mittwochabend stimmte die Energiekommission über Garoña ab. Bis auf den in der Minderheit regierenden, konservativen Partido Popular (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy hatten alle Parteien angekündigt, gegen eine Wiederinbetriebnahme zu stimmen. Der Kommissionsbeschluss ist allerdings nicht bindend, sondern nur eine Empfehlung an die Regierung. (Reiner Wandler aus Madrid, 23.2.2017)