Das Polizeianhaltezentrum Hernalser Gürtel wird nicht zu einem Jugendgefängnis.

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Wien – Das Schubhaftzentrum am Hernalser Gürtel in Wien wird nicht wie geplant zu einer Justizvollzugsanstalt für Jugendliche – und ersatzweise auch kein anderes Haus in Wien. 2014 wollte das Justizministerium noch ein eigenes Gefängnis für mündige Minderjährige in der Bundeshauptstadt einrichten und sah dafür das Anhaltezentrum im Bezirk Josefstadt als geeignet an. Da das Innenministerium das Gebäude aber nicht zur Gänze zur Verfügung stellen wollte, wurde Ausschau nach einem Ersatzstandort gehalten. Wie orf.at berichtet, wird nun aber auch dieser Plan nicht weiterverfolgt.

"In dieser Form gibt es die Idee nicht mehr", sagte Britta Tichy-Martin, Ressortsprecherin im Justizministerium, laut dem Bericht. Es sei im Gegenteil so, dass die reguläre Justizanstalt Wien-Josefstadt an der Landesgerichtsstraße "etliche Maßnahmen ergriffen hat, um die Haftbedingungen für die Jugendlichen dort deutlich zu verbessern". Die Hafträume seien neu gestaltet worden, sodass höchstens zwei Jugendliche in einer Zelle untergebracht werden.

Überstellung nach Gerasdorf, aber nicht automatisch

Das Justizministerium verweist zudem auf Unterbringungsmöglichkeiten in der Justizanstalt Gerasdorf bei Wiener Neustadt, die speziell auf Jugendliche ausgerichtet sei; wie bereits im Vorjahr berichtet, soll sie ebenfalls durch kleinere Einheiten und Lehrwerkstätten zu einem "Jugendhaft-Kompetenzzentrum" ausgebaut werden.

Der bereits 2014 von Erich Mayer, Generaldirektor der Sektion Strafvollzug, geäußerte Wunsch, dass Jugendliche höchstens 14 Tage in der Haftanstalt Josefstadt bleiben sollen, ehe sie automatisch nach Geradsdorf überstellt werden, wird damit nicht erfüllt. 38 Jugendliche befinden sich derzeit in Wien in Haft, davon zehn in Strafhaft und 19 in Untersuchungshaft.

Verwunderung und Empörung

In Justizkreisen sorgt die Absage für die neue Jugendhaftanstalt für eine Mischung aus Verwunderung und Empörung. "Das ist sehr schade", sagte am Montag der Justizsprecher der SPÖ, Johannes Jarolim, zum STANDARD. Bisher habe es den Konsens gegeben, dass der Neubau notwendig sei. Auch sein Kollege von den Grünen, Albert Steinhauser, hält die Absage der Strafanstalt für einen "massiven Rückschritt in der Jugendgerichtsbarkeit". Dass sie über die Entscheidung durch die Medien erfahren mussten, sei unprofessionell.

Die Adaptierung der Justizanstalt Josefstadt und der Ausbau des "Jugendhaft-Kompetenzzentrums" in Gerasdorf sind für Jarolim und Steinhauser nicht ausreichend. Sie fordern nachhaltige Verbesserungen im Sinne einer Resozialisierung junger Menschen. Gerade in der Justizanstalt Josefstadt, dem größten Gefängnis des Landes, liefen Jugendliche Gefahr, erst recht auf die schiefe Bahn zu gelangen. Das Gefängnis ist seit Jahren massiv überbelegt und in den vergangenen Jahren gab es mehrfach Übergriffen auf Jugendliche hinter Gittern. Auch deshalb wurde die Einrichtung eines eigenen Hauses in Wien geprüft – diesem machte aber nicht nur der Justiz- sondern auch der Finanzminister einen Strich durch die Rechnung.

"Das ist nach dem Erwachsenenschutzgesetz bereits das zweite Mal, dass der Finanzminister große Reformvorhaben der Justiz finanziell ausbremst", zeigt sich Jarolim empört. Für die Umsetzung des Erwachsenenschutzgesetzes, das das alte Sachwalterrecht ablöst, sollten ursprünglich bis 2022 rund 80 Millionen Euro aus dem Budget locker gemacht werden. Nach dem Njet von Finanzressortchef Hans Jörg Schelling (ÖVP) stellt das Justizressort selbst Anschubkosten von zehn Millionen Euro für die notwendige Erweiterung der Clearingstellen zur Verfügung. Viel zu wenig, damit sei die Novelle zum Scheitern verurteilt, befürchtet die Richtervereinigung. (simo, mcmt, 27.2.2017)