Trond Nystad: "Wenn ich ein gutes Wachs brauche, frage ich meine Oma."

Foto: gepa/erich spiess

Am Dienstag und am Samstag bieten sich für Österreichs Langlauf noch zwei Gelegenheiten, im Spitzenfeld eines WM-Rennens von Lahti Präsenz zu zeigen. Teresa Stadlober (24), schon nach dem Skiathlon als Sechste Gast bei der Medaillenzeremonie, gibt auch im klassischen Rennen über zehn Kilometer und im 30er mit Massenstart in der freien Technik zu den schönsten Hoffnungen Anlass.

Der familiär umfassend betreuten Salzburgerin wegen war im vergangenen Sommer aber nicht ein absoluter Kapazunder als Koordinator für die größte sportliche Baustelle innerhalb des österreichischen Skiverbands (ÖSV) verpflichtet worden. Trond Nystad, anlässlich seiner Präsentation vom zuständigen sportlichen Leiter Markus Gandler als "Pep Guardiola des Langlaufs" gepriesen, soll mit seinem Know-how helfen, für die Heim-WM 2019 in Seefeld eine halbwegs schlagkräftige Langlauftruppe auf die Beine zu stellen.

Breite und Spitze

In Lahti wird der Ehemann der ehemaligen deutschen Olympiasiegerin und Weltmeisterin Claudia Künzel auf Schritt und Tritt an vielleicht nicht einfachere, aber erfolgreichere Zeiten erinnert. Schließlich war der Nordnorweger von 2012 an Cheftrainer der norwegischen Distanzläufer und also an unzähligen Medaillen so illustrer Herren wie Petter Northug und Martin Johnsrud Sundby zumindest beteiligt.

In Lahti wird der 46-Jährige aber auch auf Schritt und Tritt gewahr, wie viel Geduld sein neues Betätigungsfeld erfordert. Mit Ausnahme von Teresa Stadlober ist Österreichs Langlauf scheinbar weiter denn je von der Musik entfernt. Und Nystad weiß, "es werden keine Wunder passieren". Es gebe in Österreich einfach zu wenige Athleten, die diesen Sport betreiben. "Ohne Massensport gibt es auch keine Spitzensportler."

Norwegen habe vergleichsweise eine ganz andere Langlaufkultur. "Wenn ich ein gutes Wachs suche, frage ich meine Oma. Jede Oma in Norwegen weiß, wie man wachselt. Das ist bei uns normal." Für nicht normal hält es Nystad, sich dem zweifellos fordernden Sport nur aus kommerziellen Erwägungen unterwerfen zu wollen. "Einige Eltern hier in Österreich haben mich gefragt, ob man mit Langlaufen Geld verdienen kann. Dabei sollte Geld keine Rolle spielen. Wichtig ist viel mehr die Leidenschaft für den Sport. Man muss lange und viel trainieren – und das ohne Garantie, dass man am Ende mit Geld dasteht." Studien besagten, dass maximal 0,5 Prozent der Athleten irgendwann Geld mit ihrem Sport verdienen könnten. "Das heißt, wir würden im österreichischen Langlauf 200 Athleten brauchen, damit einer davon Geld verdient. Aber wir haben gar keine 200."

Das liegt zweifellos auch am redlichen erworbenen Ruf in Sachen Doping. "Es ist leider so, dass manche Menschen alles machen, um gut zu sein", sagt Nystad. "Dabei ist Training der beste Weg zum Erfolg." Ob genug gegen den Sportbetrug unternommen wird, will der Koordinator nicht beurteilen. "Macht man genug gegen Steuerbetrug? Der wird akzeptiert, solange man nicht erwischt wird. Ich hoffe, dass es im Sport nicht so weit kommt. Es ist eine Einstellungssache."

Vorgaben vom Verband, der in Person seines Präsidenten Peter Schröcksnadel sogar schon erwogen hatte, den Geldhahn zuzudrehen, habe er für seine Arbeit nicht bekommen. "Sie haben gesagt, ich soll mir ein eigenes Bild von der Situation machen. Ich denke, oberstes Ziel ist es, mehr Menschen zum Langlaufen zu bringen und sie dann auch halten zu können. Aber ein starkes Team mit zehn Topathleten werden wir nie haben. Wir müssen auf Einzelne setzen. Wie etwa die Schweiz mit Dario Cologna. Aus seinem Sog heraus ist da auch schon etwas entstanden."

Dementsprechend entspannt sieht es Nystad auch, dass solch eine Initiative im Fall Teresa Stadlober nicht völlig dem Einfluss des Verbands unterliegt. Streitereien sollen der Vergangenheit angehören. "Wir haben ein System gefunden, das funktioniert. Und das ist das Wichtigste. Wer dahintersteckt, ist mir egal. Es gibt drei kleine Buchstaben, die hinter einem Namen stehen – und das muss ganz oben stehen. Außerdem wäre es dumm, wenn sie nicht das sportliche Wissen ihrer Familie nützen würde." (Sigi Lützow, 27.2. 2017)