Der kürzlich angelaufene Film "Silence" des US-amerikanischen Regisseurs Martin Scorsese wirft ein Schlaglicht auf eine weithin unbekannte Episode des Christentums in Japan: Die traurige und zugleich faszinierende Geschichte der sogenannten "versteckten Christen" (jap. kakure kirishitan). Traurig deshalb, weil sie eine Episode der massiven und äußerst gewaltvollen Unterdrückung einer kleinen Religionsbewegung ist, in der von den Herrschenden alle erdenklichen Register der Grausamkeit gezogen wurden.

Im Film und dessen Vorlage, dem Roman "Chinmoku" des katholischen Autors Shusako Endo, werden vor diesem historischen Hintergrund die zeitlosen Themen von Glauben und Bereitschaft, für seine Gewissheiten gegebenenfalls in den Tod zu gehen, abgearbeitet – nicht zuletzt auch in Konfrontation mit dem "Schweigen" Gottes, der nichts zu sagen scheint. Angesichts der Ausnahmesituation, in der sich die Christen in Japan im 17. Jahrhundert befanden, können alle diese Fragen in einem ausgeprägten Extrem durchgearbeitet werden. Leitmotiv bleibt dabei das Thema Martyrium, ein wichtiges Moment gerade einer Religion wie dem Christentum, das ein Marterinstrument als ihr wesentliches Erkennungszeichen hat.

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Katholisches Christentum in Japan: Erfolgreicher Beginn, jähes Ende

Die aktive Unterdrückung des Christentums ab Anfang des 17. Jahrhunderts setzte dem Missionsunternehmen der katholischen Kirche in Japan ein definitives Ende. Dieses war anfänglich durchaus erfolgreich. Seit den Anfängen unter dem bedeutenden Ostasienmissionar Francisco de Xavier (1506-1552) erfolgte eine rasche Ausbreitung durch die Jesuiten ab den 1540er-Jahren, besonders im Süden Japans auf der Insel Kyushu. Dort konnte man auch unter den lokalen Eliten, den daimyo (lokale Fürsten), Mitglieder gewinnen und erreichte so in wenigen Jahrzehnten möglicherweise mehr als 100.000 bis sogar 150.000 Menschen. Spätestens mit dem ausgehenden 16. Jahrhundert und den Bestrebungen zur Errichtung einer landesweiten einheitlichen Shogunatsregierung, die die sogenannte "Edo-Zeit" (1603-1868) einläutete, wurde das katholische Christentum als Fremdkörper wahrgenommen.

Bereits 1587 wurde die Jesuitenmission verboten, ab 1620 kam es zum offiziellen Verbot des Christentums. Den Hintergrund dieser Entwicklung bilden viele interne und externe Momente, die für Japan und die nun folgende Zeit einer ausgeprägten Abschottung nach außen (bis in die Mitte des 19. Jh.) relevant wurden. Neben dem Versuch einer Vereinheitlichung des Landes unter Bezug auf – vermeintlich – einheimische religiöse Traditionen und dem Ausschluss aller "fremden" Elemente spielte dabei auch die Angst vor dem Christentum als sozialrevolutionärem Faktor eine Rolle. Eine Reihe von Unruhen und Aufständen im Süden Japans wurde mit der neuen Religion verbunden.

Den Höhepunkt bildete die sogenannte Shimabara-Revolution in den Jahren 1637 und 1638, die unter der Führung des charismatischen katholischen "Samurai" Amakusa Shiro (1621-1638) stand. Sie fand ihr Ende, als der damals nur 16-Jährige nach dem Fall der Burg Hara enthauptet wurde und sein Kopf zur Abschreckung in Nagasaki ausgestellt wurde.

Filmszene aus Scorseses "Silence".
Foto: FM Films/AP

Das harte Vorgehen gegen die neue Religion war unter anderem die Konsequenz aus diesen Aufstandsbewegungen. Dabei versuchte man von vornherein allen Versionen eines "versteckten" Christentums entgegenzutreten, indem man von Verdächtigen eine öffentliche Ächtung religiöser Symbole verlangte. Dies war vor allem der Akt des sogenannten "fumi-e" (wörtl.: "Treten auf ein Bildnis"), das Steigen auf eine Darstellung Jesu oder Marias vor Behörden als Zeichen der Abwendung vom und Verachtung für das Christentum.

Dazu kam in der Frühzeit der Verfolgung der Einsatz grausamer Folter, so beispielsweise in den kochenden Vulkanquellen beim Berg Unzen (in der Nähe von Nagasaki), in die man renitente Christen tauchte. Oder die Foltermethode namens anazuri (wörtl. "[über eine] Grube hängen"), bei der man kopfüber über eine Erdhöhle Aufgehängte durch einen kleinen Schnitt am Kopf (vornehmlich hinter dem Ohr) langsam ausbluten ließ – vielfach über Tage. Und natürlich massenhaft Kreuzigungen.

Eine eigenständige christliche Kultur im Verborgenen

Trotz all dieser Unterdrückungsmaßnahmen hielt sich eine eigene christliche Kultur in den frühen Erfolgsregionen des Christentums auf der Insel Kyushu beziehungsweise auf den vor Nagasaki gelagerten Inseln. Für die "versteckten Christen" war das Verbergen ein wesentliches, weil überlebenswichtiges Moment, was sich in einer Reihe von bemerkenswerten Artefakten manifestierte.

Viele davon sind heute in einem Museum in Nagasaki zu besichtigen und jeder, der dieses besucht, ist tief beeindruckt von dieser ganz eigentümlichen Kultur. So war es beispielsweise üblich, Darstellungen bestimmter buddhistischer Verehrungsobjekte einer umgedeuteten Verwendung zuzuführen. Kleinstatuen des sogenannten Bodhisattva Kannon (das ist der "Bodhisattva des unermesslichen Mitgefühls"), der in Ostasien oft weiblich und zuweilen mit einem kleinen Kind dargestellt wurde (als Segenssymbol für Mutterschaft), konnten bei den versteckten Christen als Madonnendarstellung interpretiert werden.

Skulptur eines gekreuzigten, japanischen Christen im Museum der 26 Märtyrer in Nagasaki.
Foto: apa/afp/Behrouz Mehri

Da die Zeit ab dem 17. Jahrhundert bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in Japan von einer tiefgehenden Abschottung gegen alle Außeneinflüsse und Fremdkontakte geprägt war, entwickelte sich die "Theologie" der versteckten Christen in einer ganz eigentümlichen Art und Weise und völlig losgelöst von den Herkunftstraditionen.

Eines der wenigen, aber eindrucksvollen Zeugnisse für diese religiöse Welt stellt eine kleine Schrift über "Den Beginn des Himmels und der Erde" (Tenchi hajimari no koto) dar, die aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts stammt. Darin wird in Anlehnung an die Bibel die Entstehung der Welt durch den Gott namens deusu (lateinisch deus, "Gott", mit japanischer Endung) bis hin zur Geschichte um Jesus und dessen Martyrium dargestellt, allerdings so sehr durchwoben mit Begrifflichkeiten und Motiven aus japanischen religiösen Traditionen, dass man beim ersten Hineinlesen nur schwer eine Zuordnung machen kann.

So werden mehrere Himmel geschaffen (wie im Buddhismus) und die Sintflut ist ein tsunami, der die Menschheit hinwegfegt. Ganz bedeutend ist zudem die Figur der Maria, deren Leben reich ausgestaltet Darstellung findet. So lehnt sie beispielsweise das Heiratsangebot eines Prinzen ab, um jungfräulich zu bleiben, und wird dafür in den Himmel enthoben und gekrönt. Dort wiederum entschließt sie sich, auf die Erde zurückzukehren, um den Erlöser zu gebären (in Anlehnung an die Geschichte der Mutter des Buddha, Maya).

Wandgemälde eines Missionars in Japan.
Foto: apa/afp/Behrouz Mehri

Eine langlebige Tradition trotz Unterdrückung

Die Tradition der "versteckten Christen" hielt sich über die Jahrhunderte. Allerdings war sie permanent durch die erzwungene Geheimhaltung in ihren Grundfesten bedroht. Organisatorisch führte das dazu, dass sich eine oft völlig eingeschränkte Konzentration auf die religiöse Kultur eines einzelnen Dorfes ergab, das selbst mit dem Nachbardorf nicht in Kontakt kam, weil jegliche Aufmerksamkeit von außen potentiell eine Gefährdung darstellen könnte. Die Kultur war somit hochgradig lokal und endemisch, zudem gab es keine Möglichkeit, sich durch Bauten oder Ähnliches nach außen zu repräsentieren.

Deshalb können keine wirklich sinnvollen Zahlen über die Verbreitung angegeben werden. Als Mitte des 19. Jahrhundert die strikte Religionspolitik gelockert wurde und fremde Missionare wieder im Land erlaubt waren, wagten sich auch die Kakure Kirishitan zum Teil heraus. Dabei wurde von den ersten katholischen Missionaren eine Zahl von etwa 30.000 angegeben, die sich größtenteils der katholischen Kirche anschlossen. Einige wenige blieben im Verborgenen und noch in den 1980er-Jahren wurden kleine Gemeinden entdeckt. Doch ist der Bestand gefährdet, nicht zuletzt auch durch den schon lange anhaltenden Trend zur Urbanisierung und dem daraus folgenden Sterben der kleinen Dörfer und ihrer Kulturen. Zudem erlernten bei den versteckten Christen in den meisten Fällen Söhne von ihren Vätern die Tradition und das Ritual. Wenn junge Männer nun kein Interesse hatten oder wegzogen, starb eine ganze Traditionslinie mit einem Schlag aus.

In den 1990er-Jahren gelang es einer Sozialanthropologin, Zugang zu einer Gemeinde von versteckten Christen auf den Goto-Inseln zu erlangen. Der dabei entstandene, rund halbstündige Dokumentarfilm mit dem Titel "Otaiya" aus 1997 gibt einen einzigartigen Einblick in eine Welt, in der das Verbergen zu einem wesentlichen Teil des Selbstverständnisses wurde.

"Versteckte Christen" vollziehen ein Gebet.
Foto: apa/afp/Behrouz Mehri

Versteckte Christen und versteckte Muslime

Die "versteckten Christen" Japans sind ein Zeugnis für eine religiöse Kultur in der Situation massiver und gewaltvoller Unterdrückung. Vergleichbare Beispiele bietet die Religionsgeschichte durchaus, so die Kultur der sogenannten "Morisken" ("kleine Mauren"), das sind diejenigen Muslime, die nach der endgültigen Rückeroberung der iberischen Halbinsel durch die katholischen Könige nach dem Fall Granadas 1492 im Land blieben und dies ab Anfang des 16. Jahrhundert nur durften, wenn sie zum katholischen Glauben konvertierten. Auch hier war das Aufspüren "versteckter" Muslime ein wichtiges Geschäft der Herrschenden, was mittelbar zur Geburt der sogenannten Inquisition führte. In diesem Fall war das katholische Christentum in der überlegenen Position. Und ließ nichts an Brutalität und Grausamkeit aus, um sich gegen Andersgläubige zu wenden. Leider. (Franz Winter, 15.3.2017)

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