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Soll als Channel-Manager ORF 2 leiten: Roland Brunhofer.

Foto: ranz Neumayr / picturedesk.com

Wien – "Bin ich wirklich so ein Arsch? Reden die von mir?" Solche Fragen stellt sich Roland Brunhofer (50) seit zwei, drei Jahren. Er fühlt sich von ORF-Redakteuren mit "Halb- und Unwahrheiten dämonisiert und verunglimpft", erklärt Brunhofer im Gespräch mit dem STANDARD. Womit beide Fragen beantwortet wären.

Zwei, drei Jahre wird der große, bullige, "überzeugte Sozialdemokrat" aus Steyr schon gehandelt als Ein-Mann-Eingreiftruppe, die eine Selbstverwaltung der ORF-Fernsehinformation beenden solle. Ein Zusammenspiel von "ZiB 2"-Anchor und Social-Media-Star Armin Wolf, Chefredakteur Fritz Dittlbacher und Redakteursratsvorsitzendem Dieter Bornemann. So wünschen sich das wesentliche Teile der SPÖ, der ÖVP und der FPÖ, auch der Grünen. Der Unmut reicht von Wolfs harten Interviews über die unpräzise Tempelberg-Frage an FPÖ-Kandidat Norbert Hofer, nach der Umfragewerte von Alexander Van der Bellen im Präsidentschaftswahlkampf 2016 fürs Erste einknickten, bis zum Wählergrant im "Bürgerforum" gegen Kanzler und Vize.

"Dämonisierung"

Vor zwei Jahren warnte "ZiB 2"-Redaktionschef Wolfgang Wagner vor "Zugriffs"-Ambitionen auf die "ZiB 2"; der ungenannte Brunhofer wehrte sich gegen "Gräuelpropaganda" und "Dämonisierung".

Nun, da er Channel-Manager von ORF 2 werden soll, warnt Redakteursratsvorsitzender Dieter Bornemann im STANDARD: Brunhofer nenne Interviews in der "ZiB 2" "politische Verhöre", sehe die TV-Information beteiligt an der "Zersetzung der Demokratie".

Falsch, sagt Brunhofer dem STANDARD: "Die sollen meine Rede lesen", mit der er sich 2016 vom ORF Salzburg verabschiedete. "Ich habe gesagt: Ich mache mir große Sorgen, dass der Journalismus an der Zersetzung der Demokratie beteiligt sein könnte. Und: Es kann nicht sein, dass wir frühmorgens mit einer Politikerverarschung beginnen und spätabends in einem politischen Verhör enden."

Hat Brunhofer da etwa nicht die ORF-Information gemeint, nicht die "ZiB 2"? "Nein", sagt er, das war eine "Systemanalyse" zur Entwicklung "in Europa und der ganzen Welt". Er findet bemerkenswert, welch "Schelm" sich angesprochen fühle.

Brunhofer hörte auch schon vom Vorwurf mangelnder Infokompetenz, und hält so dagegen: "Ich habe im Haus 22 Jahre alles gemacht, Liveschaltungen, viele Hundert "ZiB"-Beiträge, für TV und Radio, ich war für die Wirtschaft in Amerika und Japan unterwegs".

Brunhofer war im ORF Oberösterreich Journalist, Betriebsrat, Moderator. Schon dort sah er Versuche, ihn wegen Nebentätigkeiten "anzupatzen – für BMW und angeblich die SPÖ Oberösterreich, was er entschieden verneinte.

Brunhofer wurde 2012 Direktor in Salzburg, "weil ich damals gepasst habe", sagte er in seiner Abschiedsrede. 2012 stellte die SPÖ die Landeshauptfrau. Nun, mit schwarzem Landeschef, "passe ich nicht mehr und muss gehen".

Dabei habe er im Landesstudio 32 Prozent der Gesamtkosten gekürzt – auf 9,5 Millionen Euro pro Jahr, den geringsten Wert aller Landesstudios und 89 Mitarbeiter*. Zugleich habe er als alter Gewerkschafter "65 Dienstverhältnisse nachhaltig verbessert und saniert. Wenn weniger Leute mehr arbeiten, dann sollen sie auch besser verdienen."

Mitglied in der "Transformer"-Arbeitsgruppe

Seit Jahreswechsel ist Brunhofer nun der ORF-Generaldirektion zugeordnet und Mitglied in der "Transformer"-Arbeitsgruppe des ORF. Die überlegt, wie der ORF wirtschaftlicher produzieren kann. Angesagt sind zumindest 300 Millionen Euro und gut 300 Vollzeitjobs weniger binnen fünf Jahren. Zuletzt belastete Brunhofers Idee für Frühstücksfernsehen aus einem Lastwagenstudio das TV-Budget erst einmal.

Nun kursiert im ORF: Als Channel-Manager (mit Hans Bürger als ORF-2-Chefredakteur) wolle Brunhofer die Ressorts, wie Innenpolitik oder Wirtschaft, auflösen, ebenso Sendungsteams etwa für die "ZiB 2". Ein Redaktions-"Pool" solle verschiedene Sendungen beliefern – heute die "Zeit im Bild", morgen "Heute leben". In vier "Clustern" würden die Redakteurinnen und Redakteure organisiert: Österreich, News, Magazine, Unterhaltung.

Brunhofer "musste fast lachen", als der STANDARD nach diesen Plänen fragt. Das wären "einfache Gedankensplitter, keine durchdachten Themen" aus dem "Transformer-Board". Und: "Das hat nichts mit der Channelstruktur zu tun."

Channelstruktur und Sparprogramm lassen sich freilich absehen. Die "Gedankensplitter" könnten dann in einer erfolgreichen wie selbstbewussten ORF-Information einschlagen. Sorge um die teilt Brunhofer nicht: "Auch in den Landesstudios funktioniert das. Dort gibt es immer noch Spezialisten – und wenn einer woanders gebraucht wird, bleibt er trotzdem Journalist."

"Jede angeschaffte Arbeit"

Ihn habe noch niemand gefragt, ob er Channel-Manager von ORF 2 werden will. Aber, seine ORF-Einstellung: "Ich mache jede Arbeit, die man mir anschafft."

Noch habe er – entgegen anderslautenden STANDARD-Infos – kein Konzept für ORF 2. Im Fall des Falles würde er "zügig überlegen, ich gehöre zu den Menschen, die schnell wissen, wie unser Geschäft funktioniert. Ich habe einen sehr pragmatischen Zugang zu den Dingen. Ich werde mich nicht verstricken in irgendwelche Rundumadum-Diskutierereien."

Mittwoch diskutieren Redakteursversammlungen der TV-Info und der TV-Magazine Strukturpläne, am Donnerstag der ORF-Stiftungsrat (wo die Channel-Besetzung breite Unterstützung von SPÖ über ÖVP bis FPÖ finden dürfte). In einer Woche will ORF-General Alexander Wrabetz Redakteursvertretern und Betriebsräten die Struktur erläutern.

Bis dahin schweigt der ORF zu STANDARD-Infos, wonach künftig neben Channel-Managern auch die aktuelle Radio- und TV-Info dem ORF-Generaldirektor zugeordnet werden solle. (Harald Fidler, 1.3.2017)