Illustration: Oliver Schopf

Wien – Von einer echten Bundesstaatsreform ist Österreich immer noch so weit entfernt wie vor 30 Jahren, als eine bessere Aufgabenverteilung zwischen Bund und Ländern erstmals diskutiert wurde. Auch die von manchen Experten geforderte Steuerautonomie für die Provinzen ist noch Zukunftsmusik.

Aber zumindest beim geförderten Wohnbau gelang im Vorjahr ein Durchbruch: Die Wohnbauförderung, die bisher vom Bund eingehoben und von den Ländern ausgegeben wurde, wandert im neuen Finanzausgleich in die volle Verantwortung der Landespolitiker. Sie können ab 2018 den von Dienstgebern und -nehmern je zur Hälfte eingehobenen Wohnbauförderungsbeitrag von einem Prozent des Bruttolohns erhöhen oder senken – und über die Einnahmen nach Gutdünken verfügen. Statt die 2008 vollends aufgehobene Zweckbindung für die Wohnbauförderung wieder einzuführen und damit die Wohnpolitik in Österreich wieder zu vereinheitlichen, wie es gerade im gemeinnützigen Sektor viele seit Jahren gefordert hatten, gingen Bund und Länder den umgekehrten Weg.

Verschiedene Meinungen

Das ist für manche ein Fortschritt, für andere ein Rückschritt – und viele meinen, es werde sich ohnehin nichts ändern. Die Meinungen über die neue Kompetenzverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden gingen beim 57. Standard-Wohnsymposium, das sich unter dem Titel "Zentral, regional oder kommunal" dieser Frage widmete, weit auseinander. Der Baugewerkschaftschef und SPÖ-Nationalratsabgeordnete Josef Muchitsch bezeichnete die Reform als "riesigen Fehler". Denn "Wohnen gehört in eine Hand", erklärte er im Gespräch mit der Salzburger Landesrätin Astrid Rössler von den Grünen und dem jungen VP-Bürgermeister Severin Mair aus Eferding, die beide Vorteile in dezentralen Strukturen sehen.

Auch der Präsident der Bundesarchitektenkammer, Christian Aulinger, hätte sich eine Zusammenführung der Zuständigkeiten in einem neuen Wohnministerium gewünscht. Doch dieser Zug ist abgefahren, betonte Karl Wurm, Obmann des Bundesverbands der Gemeinnützigen. "Das ist ein Schlusspunkt, jetzt sind die Länder verantwortlich", sagt er. Dies sei auch ein Vorteil, denn die geteilte Zuständigkeit der vergangenen Jahre – "wir waren ein bisschen schwanger" – hätte zuletzt immer schlechter funktioniert. Das gelte auch für Initiativen des Bundes wie die Wohnbauinvestitionsbank, die bisher nicht wirklich in die Gänge gekommen sei. Dies müsse sich jetzt bald ändern.

"Es bleibt kompliziert"

Auch Karoline Mitterer, Finanzexpertin im Zentrum für Verwaltungsforschung, bezeichnete die Zusammenlegung von Einnahmen- und Ausgabenverantwortung als Fortschritt. Der Rechtsexperte Michael Holoubek von der WU Wien warnte wiederum davor, sich von der Reform eine Vereinfachung der Wohnpolitik zu erwarten. "Es bleibt alles sehr kompliziert, und einfache Lösungen wird es keine geben."

Einig waren sich alle Teilnehmer, dass der Bund seiner Pflichten, für leistbares Wohnen in Österreich zu sorgen, nicht entbunden wird. Dazu gehöre auch eine Dämpfung der Baukosten durch eine Entrümpelung der technischen Normen, die Praktiker seit Jahren fordern. Kosten für den Klimaschutz dürften nicht außer Kontrolle geraten.

Der Schlüssel aber sei eine Erhöhung des Bauvolumens gerade in den Ballungszentren, und dafür brauche es eine stärkere Mobilisierung des Baugrunds für leistbaren Wohnbau. Denn zu viel Boden sei zwar gewidmet, werde aber von Eigentümern zurückgehalten oder sei für förderbare Wohnbauprojekte einfach zu teuer.

"Wir brauchen viele neue Modelle"

Hier setzt das neue Arbeitsübereinkommen der Bundesregierung einen wichtigen Schritt, sagte Michael Getzner, Ökonom an der TU Wien. Dieses sieht etwa Vorbehaltsflächen für förderbaren Wohnbau vor oder bedingte Umwidmungen in Bauland, die nach einiger Zeit verfallen, wenn sie nicht genutzt werden. Das Problem: Weil der Verfassungsgerichtshof in der Vergangenheit solche Bestimmungen zum unzulässigen Eingriff in Eigentumsrechte erklärt hat, braucht es zur Umsetzung eine Verfassungsmehrheit.

Auch Leerstandsabgaben und eine Eindämmung von "Steuerhinterziehungsplattformen wie Airbnb" seien notwendig, so Getzner: "Wir brauchen viele neue Modelle." Auch Holoubek betonte, dass es bei der sogenannten Vertragsraumordnung sehr wohl rechtlichen Spielraum gebe.

Positiv wurden zumeist die Modelle der städtebaulichen Verträge, wo Bauträger zu Infrastruktur und soziale Einrichtungen zuzahlen, aufgenommen. Wurm warnte allerdings davor, dass dies manche Gemeinnützige in finanzielle Schwierigkeiten bringen könnte, wenn sie etwa neue Wohnungen nicht gleich anbringen. "Man muss bereits beim Grundstücksverkäufer ansetzen. Sonst sprengen wir über diese Form der Innovation das System selber in die Luft."

Dass Kompetenzwirrwarr im Föderalismus nicht nur ein Problem des Wohnbaus ist, machte Manfred Url, Chef der Raiffeisen Bausparkasse, zum Auftakt des vom Fachmagazin "Wohnen Plus" mitorganisierten Symposiums klar. "Das Thema kommt mir aus der eigenen Raiffeisen-Familie sehr bekannt vor." (Eric Frey, 1.3.2017)