Bild nicht mehr verfügbar.

Die globale Zuckerversorgung hat sich verschlechtert. EU-Bauern setzen auf Export.

Foto: dpa/Jensen

Wien – Der bisher abgeschottete Zuckermarkt in der EU wird sich in den nächsten Monaten grundlegend ändern. Mit Oktober 2017 fallen nämlich die festgesetzten Quoten, mit denen von Brüssel aus genau gesteuert wurde, wer wie viel produziert. Da mit diesem System auch ein Mindestpreis verbunden war, war es den EU-Bauern bis auf eine kleine Ausnahme nicht zu exportieren erlaubt.

Mit dem Fall der Quote und dem Mindestpreis wird sich das ändern. "Ich erwarte, dass in der EU zwischen zehn und 20 Prozent mehr Zucker hergestellt wird", sagt Johann Marihart, Chef des österreichischen Zuckerkonzerns Agrana und Präsident des Verbands der Europäischen Zuckerindustrie (CEFS). "Die EU wird vom Nettoimporteur zu einem Nettoexporteur werden", sagt Marihart.

Kampagnentage ausgeweitet

Diese Einschätzung, die alle Marktbeobachter teilen, ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die beiden großen Zuckerhersteller der EU, Deutschland und Frankreich – diese stehen für etwa die Hälfte der EU-Ernte -, beginnen, die Weichen in Richtung erhöhter Produktion zu stellen. In diesen Ländern wurden die sogenannten Kampagnentage ausgeweitet. Es ist dies der Zeitraum, in dem die schnell verderbliche Zuckerrübe verarbeitet wird. Arbeiteten Zuckerfabriken bisher oftmals nur 100 oder 110 Tage, sollen dies nun 130 Tage und mehr werden.

Damit aber wird viel mehr Zucker auf den Markt kommen, und die Preise werden sinken, befürchtet Ernst Karpfinger, Obmann der Österreichischen Zuckerrübenverwertungsgenossenschaft (ÖZVG). Ein Szenario wie das bei den Milchbauern, die sich auch auf lukrativen Export eingestellt hatten und binnen kurzem von niedrigen Weltmarktpreisen unangenehm überrascht wurden, drohe. "Ich plädiere dafür, dass wir wie bisher auch marktbewusst produzieren, d. h. weiterhin vor allem für den europäischen Markt", sagt er.

Nachfrage wächst

Doch derzeit sieht es nicht danach aus. Der globale Verbrauch an Zucker wächst nämlich und übersteigt die weltweite Erzeugung deutlich. Dies hat zum Beispiel dazu geführt, dass die Importquoten, die die EU meist armen zuckerrohrproduzierenden Staaten zugestand, von diesen nicht mehr ausgeschöpft wurden. Denn natürlich verkauft jeder Produzent seine Ware lieber zum höheren Preis auf dem Weltmarkt. Auch die EU-Zuckerrübenbauern waren zuletzt gar nicht begeistert darüber, dass das Preisniveau in der abgeschotteten EU niedriger war als in der Welt draußen.

Solange es also keine extremen Überschüsse gibt – so wie etwa bei der Milch -, könnte das Kalkül der Branche aufgehen. Marihart erklärt, dass die Agrana vorsorglich mit den Bauern neue Abnahmeverträge abgeschlossen hat, wonach es eine Preisformel gibt, die sich am Weltmarkt orientiert. "Und die Erlöse werden hälftig geteilt." (Johanna Ruzicka, 2.3.2017)