Wien – Als der Film "Punch Line – Eine Frau steigt in den Ring" vor einem Dreivierteljahr im ORF zum ersten Mal ausgestrahlt wurde, war das für Kati Zambito wie ein Schlag: Die Boxerin und Schauspielerin war zunächst überwältigt, dann eingeschüchtert: Sie und die Leute vom Boxklub wurden angesprochen, zu sehr für ihren Geschmack. Den ersten "Sturm" an Reaktionen übertauchte sie in Berlin: "Ich musste mich daran gewöhnen, dass so viele Zeitungen berichtet hatten."

Boxerin Kati Zambito beim Training.
Foto: ZDF/ORF/Daniela Praher

Wenn der Film am Montag auf 3sat läuft, weiß Zambito, was passieren kann. Das Thema ist nach wie vor präsent, wenn auch mehr in künstlerischer Art: "Ich boxe weiterhin, plane aber keine Kämpfe." Ein Spielfilm und ein Buch sind im Werden: "Die Recherchen haben mich auf neue Ideen gebracht."

Sechs Jahre hatte die Österreicherin mit italienischen und portugiesischen Wurzeln davor für einen Kampf trainiert, der am Ende der Doku steht. Zu Boxen beginnt sie, weil sie in Actionfilmen spielen will. Ein Alterslimit für Wettkämpfe wird rechtzeitig auf 40 Jahre erhöht, für die 36-Jährige ein "Zeichen". Den Film, der die Vorbereitung und den Wettkampf zeigt, "muss" sie machen. Sie meldet sich als einziges weibliches Kadermitglied im wichtigsten Boxclub Österreichs "Bounce" in Wien-Ottakring.

Zu Boxen beginnt sie, weil sie in Actionfilmen spielen will.
Foto: ZDF/ORF/Daniela Praher

Die Reaktionen ihrer Freunde sind zum Teil unerwartet: "Solange ich Boxen nur als Training ausübte, war das kein Problem, aber als ich sagte, ich will auch kämpfen, da hat man mich wirklich schief angeschaut. Hobby ist akzeptabel, Kampf aber nicht."

Aber das Interesse ist da: "Ich habe bemerkt, dass viele in meiner Umgebung sich dafür interessiert haben, warum gerade ich einen Kampf haben möchte, und ich habe durch meine 'Filmaugen' das Potenzial für eine Doku gesehen, die all diese Fragen beantwortet.

Als die Zusammenarbeit mit einem Regisseur nicht geklappt hat, hat mir ein anderer österreichischer Regisseur, der gerade bei einem Festival den Preis für den besten Film gewonnen hatte, geraten, die Doku selbst zu drehen. 'Na gut, wenn er meint, dass es geht, dann mach ich das halt. Er hat schließlich einen Preis gewonnen und weiß sicher, wovon er spricht.' Und so habe ich alles selbst in die Hand genommen."

"Irgendwann sieht man nicht mehr das Gesicht."
Foto: ZDF/ORF/Daniela Praher

Aber es wird hart, der erste Gegner ist sie selbst, Beklemmungsgefühle und Erschöpfung kommen. Die Filmarbeit macht sie sich zunutze: "Ich habe diese Zustände nur durch die Interviews überwinden können." Zum Beispiel über die Angst: "Darf man keine haben? Darf man nur in den Ring, wenn man keine Angst hat? Durch die Interviews erfuhr ich, dass Angst okay ist, solange man mit ihr umgehen kann. Ich dachte, gut, ich kann eh mit so viel umgehen, werde ich das mit der Angst auch schaffen."

Sie studiert Bücher, Youtube-Videos und übt, sich darauf zu konzentrieren, was sie will, und nicht darauf, was sie fürchtet: sich zu sagen: "Schön, jetzt werde ich kämpfen" statt "Oh Gott, ich muss in den Ring."

"Hobby ist akzeptabel, Kampf aber nicht".
Foto: ZDF/ORF/Daniela Praher

Ein guter Boxer habe keine Emotionen, sagt einer der Trainer. Zambito erlaubt sich Freude, aber keine Aggression: "Wenn ich wütend bin, kann ich mich nicht konzentrieren. Dann denke ich nicht mehr an die Technik, sondern daran, den anderen zu vermöbeln. Das kann nur schiefgehen." Und Schmerzen? "Ich hatte Angst vor Kopfschlägen und davor, dass mir jemand die Nase bricht. Aber ab dem Moment, als ich mich entschieden habe, kämpfen zu wollen, habe ich mich viel mehr getraut. Ich akzeptierte die Schläge und lernte, dass es nicht so leicht ist, jemandem die Nase zu brechen, und dass es, wenn es doch passiert, nicht wehtut."

Die Nase blieb ganz, Treffer musste Zambito aber einstecken: "Die Schläge waren wuchtig, ich spüre sie immer noch." Aber solange die Einstellung stimmt, arbeitet der Körper mit: "Adrenalin und Ehrgeiz sorgen dafür, dass man nichts spürt."

Keine dummen Sprüche

Die Wahrnehmung, dass es einen Unterschied macht, auf einen Sandsack oder in das Gesicht eines Menschen zu schlagen, verliere sich mit der Übung. "Irgendwann sieht man nicht mehr das Gesicht, sondern man reagiert: Jetzt ist die Deckung offen – Treffer."

Wer Chauvi-Sprüche oder Sexismus vonseiten der Boxkumpanen erwartet, wird übrigens enttäuscht: "Das gibt es in der Szene nicht. Das sind Vorurteile. Die Sportler akzeptieren mich, ich glaube, sie sind sogar ganz froh, wenn Frauen da sind, die boxen. Wir bringen eine andere Qualität mit."

"Punch Line" ist Teil der 3sat-Schwerpunktwoche "Macht euch stark!" über "Frauenpower". Das Programm dazu:

"Zukunft ist weiblich" im Dokumentarfilm von Neil Grant "The Power of Women" über inspirierende Frauen rund um den Globus und ihre Lebenswirklichkeiten. Engagierte Frauen aus der ganzen Welt, darunter auch die chilenische Präsidentin Michele Bachellet oder die Femen-Aktivistin Inna Schewtschenko, kommen zu Wort und beteiligen sich an einer globalen Diskussion zur Gendergerechtigkeit.

Um Afghanistans mutige Frauen geht es am Dienstag in "Nie mehr schweigen" um 20.15 Uhr. Porträts von der Ärztin Stephanie von Orelli, Frauen in Indien, Kambodscha, Kuba und Senegal folgen.

Der Dokumentarfilmer Davis Guggenheim zeigt am Mittwoch um 20.15 Uhr, wie die Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai und ihre Familie den Kampf für das Recht auf Bildung aller Mädchen weltweit unterstützen.

Malala Yousafzai
Foto: ZDF/ORF/Courtesy of Fox Searchlight Pict/Fox Networks Group

"Das Mädchen Hirut" erzählt um 21.40 Uhr die wahre Geschichte aus dem Jahr 1996 über ein 14-jähriges Mädchen, das in Äthiopien von einem Mann entführt und vergewaltigt wird, um sie später heiraten zu können. Sie tötet ihn in Notwehr. Der Prozess führte zu einem bahnbrechenden Urteil.

Nach einer Folge der Krimiserie "Bella Block" geht es in "Ketten im Kopf" um Frauenhandel von Osteuropa bis in die Schweiz.

Am Donnerstag, 9. März, geht es in "Wissenschaft am Donnerstag" um Emanzipation. Um 20.15 Uhr denkt die Dokumentation zu Ende, wie eine "Welt ohne Männer" aussähe. Forscher sind offenbar der Meinung, dass das männliche Y-Chromosom ein "genetischer Schrotthaufen" sei. Wie sähe zum Beispiel Fortpflanzung in einer Welt ohne Männer aus?

Um 21 Uhr, fragt Gert Scobel in "Scobel – Tod des Feminismus?", wie es um den Feminismus bestellt ist. Er diskutiert mit seinen Gästen über den neuen Kampf der Geschlechter. Und: Warum können sich Frauen nur befreien, wenn auch Männer Mut zur Freiheit haben?

Am Freitag, 10. März, geht es um 21 Uhr in "Makro: Ehe-Bonus vor dem Aus?" um das Ehegattensplitting. Denn beim Geld hört die Gleichberechtigung schnell auf: Während offiziell die Vereinbarung von Job und Familie gefördert wird, bevorzugt das Steuerrecht seit 60 Jahren die Normehe mit einem Hauptverdiener und einem Heimchen am Herd. Eine Reform wäre da wohl angebracht, wenn man weibliche Arbeitskraft nicht vergeuden will.

Am Samstag präsentiert sich Vivienne Westwood im Porträt um 20.15 Uhr.

Vivienne Westwood im Porträt
Foto: ZDF/ORF/ARTE/Letmiya Sztalryd

In "Maestras – der lange Weg der Dirigentinnen ans Pult" erinnern sich um 21.15 Uhr Sylvia Caduff und die Dirigentinnen-Tochter Hedy Graber an die 1950er- und 1960er-Jahre und machen deutlich, dass heute tatsächlich eine andere Ära angebrochen scheint. (prie, 6.3.2017)