Die erste große Demonstration gegen die Globalisierung fand in Seattle im Dezember 1999 statt und richtete sich gegen die Konferenz der damals noch jungen Welthandelsorganisation. Seither ist die WTO in der linken Szene im Norden wie auch im Süden die meist gehasste Institution der Weltwirtschaft, mehr noch als die Weltbank oder der Währungsfonds. Sie steht für Unterdrückung der Dritten Welt, Ausbeutung der Armen, und Verträge, die nur den multinationalen Konzern nützen.
Zwei Jahrzehnte nach ihrer Gründung ist die WTO nun ernsthaft in Gefahr. Sie hat zwei grundlegende Funktionen: Freihandelsvertäge multilateral auszuhandeln und Handelskonflikte beizulegen.
Erfolglose Doha-Runde
Doch die 2001 begonnene Doha-Runde ist so gut wie gescheitert – sie hat ein einziges beschränktes Abkommen über bürokratische Handelserleichterungen zustande gebracht, das bald in Kraft treten sollte. Die Chance auf einen weiteren umfassenden multilateralen Vertrag, der weltweit Handelsschranken abbauen würde, sind so gut wie null.
Und der Konfliktbeileggungsmechanismus der WTO, der bisher ganz gut funktioniert hat, wird nun von der USA infrage gestellt. Die Regierung von Donald Trump erwägt, einseitige protektionistische Maßnahmen zu erlassen und Schiedssprüche der WTO dann einfach zu ignorieren. Das geht, denn die einzige Konsequenz einer Verurteilung ist, dass andere Staaten dann Strafzölle gegen US-Waren verhängen dürfen – für Protektionisten wie Trump ein akzeptables Risiko.
Trump will WTO-Schiedssprüche ignorieren
Wenn die USA aber beginnen, die Urteile der WTO zu ignorieren, dann werden das bald auch andere Staaten tun. Und dann ist die Organisation so gut wie tot.
Das wäre allerdings gerade für ihre größten Gegner kein Grund zum Jubeln. Denn eine Weltwirtschaft ohne WTO wäre noch viel ungleicher und ungerechter als die heutige. In der WTO hat jedes Land nicht nur ein Stimmrecht, sondern sogar ein Vetorecht; Verträge können schließlich nur einstimmig beschlossen werden.
Und die Schiedsgerichte schaffen ebenfalls einen Ausgleich zwischen großen und kleinen, reichen und armen Ländern. Die USA, die EU, China – alle wurden schon erfolgreich von schwächeren Handelspartnern geklagt.
Auch USA und Europa würden verlieren
Ohne die Regeln der WTO wird im Welthandel das Faustrecht regieren, die Macht des jeweils stärkeren. Nicht, dass diese dann besser dran wären. Ein Anstieg im Protektionismus würde auch die US-Wirtschaft schwächen, was Trump und seine Leute nicht begreifen.
Auch Europa würde verlieren, aber solange die EU funktioniert, hätten selbst kleine Volkswirtschaften wie Österreich einen ausreichend großen Markt.
Afrika wäre besonders betroffen
Der Schaden wäre am größten in exportabhängigen asiatischen Ländern so wie in Afrika, das nur durch eine stärkere Einbindung in die globalisierte Weltwirtschaft eine Chance auf Entwicklung hat. Gerade weil die afrikanischen Staaten von der Globalisierung bisher links liegen gelassen wurden, hängen sie von der Weiterentwicklung des Freihandels ab.
Der Niedergang der WTO wird weniger Wachstum, mehr Armut und mehr Ungleichheit mit sich bringen. Ihre anti-kapitalistischen Kritiker werden sie noch vermissen. (Eric Frey, 4.3.2017)