Peking – Chinas Führung will bei der Aufrüstung ihrer Streitkräfte den Ball weiter flach halten. Premier Li Keqiang wird in seinem Regierungsbericht, mit dem er am Sonntag den Volkskongress eröffnet, eine Erhöhung des Wehretats "um sieben Prozent" für 2017 vorschlagen, gab Parlamentssprecherin Fu Ying vorab bekannt. Der Zuschlag wäre die niedrigste Steigerungsrate der Verteidigungsausgaben seit 2010.

Das Signal beruhigt vorerst die im Territorialstreit mit China verwickelten Anrainerstaaten im Ost- und Südchinesischen Meer. Die Gefahr eines Wettrüstens scheint gebannt. Peking hatte seit 2015 seine Marine und Luftwaffe expansiv ausgebaut, eigene künstliche Inseln errichte und aggressive Forderungen gestellt. Sprecherin Fu sagte, dass alle Beteiligten "auf den Weg des Dialogs und der Konsultationen zurückgekehrt sind."

Zum zweiten Mal schlägt Peking seinem Militär Wünsche nach doppelstelligem Haushaltszuwachs ab. Ausgerechnet 2017, wo die Volksbefreiungsarmee im August 90 Jahre Gründungsjubiläum feiert. Vergangenes Jahr bewilligte Chinas Führung der Armee trotz öffentlicher Kritik der Militärs nur 7,6 Prozent mehr Geld. Chinas Verteidigungsetat stieg 2016 auf offiziell ausgewiesene 954 Milliarden Yuan (knapp 140 Milliarden Dollar).

Haushaltsverschuldung lässt Militäretat schrumpfen

Begründet wird der langsamere Anstieg mit dem sich weiter abschwächenden Wirtschaftswachstum des Landes, das 2016 mit 6,7 Prozent den niedrigsten Zuwachs seit 25 Jahren verzeichnete. Hinzu kommt die Haushaltsverschuldung, die 2016 auf einen Rekordwert von drei Prozent kletterte.

Pekings Armeehaushalt ist heute der zweithöchste der Welt. Zum Vergleich: Die USA gaben 2016 viermal soviel für ihre Armee aus. 2017 wird sich ihr Abstand zu China ausweiten. Denn US-Präsident Donald Trump will den US-Armeehaushalt um zehn Prozent auf 603 Milliarden US-Dollar erhöhen. Peking macht jedoch keine Anstalten nachzuziehen. Über die Höhe von Chinas Verteidigungshaushalt entscheide nur der Bedarf seiner Armee und die Wirtschaftskraft des Landes. 2017 würden die Ausgaben für Landesverteidigung daher auch nur "etwa 1,3 Prozent" des Bruttonationalprodukts (BNP) ausmachen.

Noch vergangene Woche hatten Kommentare in Militärzeitungen, oder in der"Global Times" eine andere Stimmung verbreitet. Sie riefen unter Berufung auf Trumps Rüstungspläne nach einer doppelstelligen Erhöhung des Wehretats für Chinas zwei Millionen Soldaten auf. Sie forderten den BNP-Anteils der Ausgaben für das Militär auf mindestens zwei Prozent zu steigern. Die USA würden schließlich auf 3,5 Prozent kommen.

Zweifel an nur sieben Prozent Zuwachs

Intern muss es darüber Kontroversen gegeben haben. Denn die Global Times distanzierte sich Tags darauf von ihrer Forderung wegen Trumps Aufrüstungsplänen auch in China kräftig nachzulegen. Pekings Etaterhöhungen rechtfertigten sich nur aus den eigenen Notwendigkeiten, hieß es nun.

Doch es gibt Zweifel, ob die Zahl von nur sieben Prozent Zuwachs für Chinas Militäretat überhaupt stimmt, oder nur ein politisches Beruhigungssignal ist . China beschleunigt derzeit den Ausbau von Marine und Luftwaffe. 2017 startet die von Partei- und Armeechef Xi Jinping befohlene große Umstrukturierung der Armee und der Modernisierung und Digitalisierung aller Streitkräfte und Waffenprogramme bis 2020.

2017 muss die Armee zudem für den Abbau von 300.000 Soldaten bezahlen, die hohe Abfindungen erhalten. Ihre verträgliche Entlassung berührt die politische Stabilität. In den vergangenen Monaten kam es zu zwei die Pekinger Führung alarmierenden Großkundgebungen in der Hauptstadt, Frühere demobilisierte Soldaten protestieren gegen ihre schlechte Sozialversorgung.

Also müsste Peking mehr Geld bewilligen. Chinas Militäretat ist nicht transparent. Das Stockholmer Instítut für Friedenforschung (Sipri) veranschlagt die wirklichen Militärausgaben um rund 40 Prozent höher als offiziell angegeben. Entwicklungskosten für Waffen würden etwa unter Positionen wie Forschung und Entwicklung, oder Im-und Exporten versteckt. Das verschlankt den Etat und auch seine Zuwachsraten. (Johnny Erling aus Peking, 4.3.2017)