Brüssel – Die EU-Kommission hat am Montag grünes Licht für ungarische Staatsbeihilfen zum Ausbau des Atomkraftwerks Paks II gegeben. Ungarn sei berechtigt, in das AKW zu investieren, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Allerdings müssten die Wettbewerbsverzerrungen auf dem Energiemarkt durch staatliche Unterstützung auf ein Minimum begrenzt werden.

Ungarn plant eine Investitionsbeihilfe für den Bau zweier neuer Reaktoren. Dadurch sollen die derzeit in Betrieb befindlichen vier Reaktoren auf dem Paks-Gelände, die in den 80er-Jahren gebaut wurden und rund 50 Prozent der inländischen Stromproduktion gewährleisten, ersetzt werden.

Ungarn habe zugesagt, alle mit Paks II erzielten Gewinne dafür einzusetzen, den Investitionsbetrag an Ungarn zurückzuzahlen oder die normalen Betriebskosten zu decken. Die Gewinne dürften nicht für Reinvestitionen in den Bau oder Erwerb zusätzlicher Erzeugungskapazität verwendet werden. Damit werde eine Überkompensierung des Betreibers von Paks II vermieden. Ferner muss Paks II mindestens 30 Prozent seiner gesamten Stromerzeugung an die offene Strombörse verkaufen.

Milliardenauftrag an russischen Staatskonzern

Vor einem Monat hatte Russlands Präsident Wladimir Putin erklärt, den Bau der zwei neuen Reaktoren zu 100 Prozent finanzieren zu wollen. Die EU-Kommission hatte im November ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn wegen der Vergabe des Milliardenauftrags zum Ausbau des Atomkraftwerks an einen russischen Staatskonzern eingestellt. Nun ist auch das EU-Verfahren über unzulässige Staatsbeihilfen für das Projekt positiv für Ungarn entschieden worden.

Breite Kritik

Die Entscheidung der EU-Kommission, ungarische Staatsbeihilfen zum Ausbau des Atomkraftwerks Paks II zu genehmigen, hat für breite Kritik in Österreich gesorgt. Grüne, FPÖ und Umweltschutzorganisationen forderten die österreichische Bundesregierung auf, vor dem EuGH wie angedroht eine Klage gegen die Entscheidung einzubringen.

Mitterlehner droht mit Klage vor EuGH

Vizekanzler Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) droht mit einer Klage gegen das von der EU-Kommission erteilte Grüne Licht für ungarische Staatsbeihilfen zum Ausbau des Atomkraftwerks Paks II. "Österreich hat absolut kein Verständnis, wenn die EU-Kommission Subventionen für den Bau von Atomkraftwerken einfach als unbedenklich einstuft", erklärte Mitterlehner am Montag.

Dies sei das "völlig falsche Signal. Daher werden wir rechtliche Schritte prüfen und gegebenenfalls den Europäischen Gerichtshof anrufen", sagte der Vizekanzler. "Wir haben massive Bedenken. Die Finanzierung der Erweiterung des AKW-Standort Paks durch den ungarischen Staat mit Hilfe Russlands entspricht nicht dem Grundsatz eines marktwirtschaftlich handelnden privaten Investors". Vielmehr stelle es eine unerlaubte staatliche Beihilfe dar. Für einen privaten Investor wäre eine derartige Investition nicht rentabel.

"Bereits bei Hinkley Point klaren Standpunkt bewiesen"

Mitterlehner kündigte eine genaue Prüfung des Beschlusses der EU-Kommission an, sobald die Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union erfolgt sei. Abhängig vom Ergebnis könnte dann – ähnlich wie beim britischen AKW Hinkley Point – eine Nichtigkeitsklage beim Europäischen Gericht gegen den Beschluss der Brüsseler Behörde eingebracht werden. "Österreich hat bereits bei Hinkley Point bewiesen, dass es seinen klaren Standpunkt gegen Beihilfen für Atomkraft notfalls auch bei den europäischen Gerichten vorbringt". (APA, 6.3.2017)