Präzise in der Arbeitsweise, poetisch in der Weltsicht. Der Magnum-Fotograf Bruno Barbey war in vielen Krisengebieten (u. a. in Kuwait), als Kriegsreporter will er nicht wahrgenommen werden.


Foto: Bruno Barbey / Magnum Photos

Innsbruck – Kuwait 1991: Brennende Ölfelder zeichnen apokalyptische Szenen. Ein Flammenmeer überzieht den Horizont, der Himmel verschwindet hinter pechschwarzen Rauchsäulen, der Wüstensand ist schwarz getränkt von Öl und Ruß, Kamele irren gottverlassen umher.

Daneben hängt eine Fotografie mit ähnlichem Motiv, doch diese ist zwanzig Jahre früher und in Vietnam entstanden. Die Rauchsäulen, die sich hier gegen den Himmel bäumen, wurden von amerikanischen Bombardements verursacht.

Zeugnis ablegen

Das Innsbrucker FO.KU.S zeigt in der Ausstellung Passages einzelne Splitter aus dem über 50-jährigen Schaffen des Franzosen Bruno Barbey. Von poetischen Schwarz-Weiß-Eindrücken eines längst versunkenen Italiens der frühen 1960er-Jahre bis hin zu grellbunten Bierzeltszenen eines heute turbokapitalistischen Chinas.

Barbey zählt zu den renommiertesten Fotografen der Gegenwart. Als Sohn eines französischen Beamten wurde er 1941 in Marokko geboren. Dort verbrachte er seine Kindheit, die Schule besuchte er in Paris, zum Studieren ging er in die Schweiz.

Von seinen Reisen durch Europa und Afrika entstanden bereits in den 1960er-Jahren die ersten Fotobände. Unzählige weitere sollten folgen. Als 1968 die Welt in Aufruhr war und die Studentenproteste in Paris ihren Höhepunkt erreichten, war Barbey mit seiner Kamera an vorderster Front dabei. In diesem Jahr wurde er zum Vollmitglied der Fotoagentur Magnum ernannt. Im Gegensatz zu den meisten seiner Kollegen widersetzt er sich dem Schwarz-Weiß-Dogma von Magnum und widmet sich auch der Farbfotografie. Fast instinktiv zieht es ihn zu den Brennpunkten des Weltgeschehens, mit seiner Kamera legt er Zeugnis ab.

Israel – Sechstagekrieg, China – als die Kulturrevolution tobt, Kambodscha – als die Roten Khmer Phnom Penh einkesseln und Polen – als sich die Solidarnosc formiert. Obwohl viele seiner aufwühlenden Reportagen in Krisengebieten entstehen, wehrt sich Barbey, als Kriegsreporter wahrgenommen zu werden. Vielmehr ist er ein Chronist, der vom Wandel und den Wunden unserer verletzlichen Welt erzählt. (Dorothea Nikolussi-Salzer, 6.3.2017)