Überteuertes Craft-Bier

Die neugewonnene Vielfalt auf dem Biersektor ist selbstverständlich begrüßenswert. Völlig unverständlich ist indessen, wieso man für eine Flasche Bier mehr bezahlen soll als für eine Flasche tadellosen Grünen Veltliner, hinter der ein Winzer steht mit seiner Arbeit, seinem Weingarten, seinem Keller und allem Drum und Dran.

Craft-Bier kann ganz schön teuer sein.
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Oranger Wein mit Defekten

Bei manchen auf der Maische vergorenen Weißweinen handelt es sich um aufregende Spezialitäten, die ihren Preis durchaus wert sind. Bei vielen anderen um oxidiertes Gschloder, das in den besten Fällen nach Hefe und Apfelmost riecht und schmeckt – und in den schlechtesten nach Essig. Dennoch werden auch Letztgenannte von so manchem euphorischen Sommelier als etwas ganz Besonderes und Naturbelassenes gepriesen, das angeblich voll und ganz der Intention des Winzers entspricht. Aber Defekt bleibt Defekt. Bei orangem Wein wie bei jedem anderen auch.

Asiatische Suppen

Ja, sind eh super. Es ist vielmehr der nicht enden wollende, sich ständig und zyklushaft wiederholende Hype um abwechselnd thailändische Tom Yam, vietnamesische Pho und japanische Ramen, der zunehmend nervt. Er überdeckt bisweilen, dass es auch diesseits des Urals wunderbare, aber gänzlich unhippe Suppen gibt, wie etwa die toskanische Ribollita, den polnischen Borschtsch, das Kärntner Ritschert oder die völlig zu Unrecht aus der Mode gekommene französische Zwiebelsuppe. Von den herrlichen europäischen Fischsuppen wie Bouillabaisse, Fischbeuschel, Halászlé oder Cacciucco war da noch gar nicht die Rede.

Biodynamik

Zugestanden: Zahlreiche biodynamische Bauern sind ehrbare Leute, die mit ihren Tieren und der Umwelt beispielhaft umgehen. Dennoch ist die Lehre, auf die sie sich stützen, reiner Unfug. Ihr Gründer, der Österreicher Rudolf Steiner (1861-1925), hat keinerlei Ausbildung abgeschlossen in den Bereichen Landwirtschaft, Zoologie oder Pflanzenbau. Dafür Sätze hinterlassen, bei denen man sich fragt, was der Mann wohl geraucht haben mag. Etwa: "Die Kuh hat Hörner, um in sich hineinzusenden dasjenige, was astralisch-ätherisch gestalten soll, was da vordringen soll beim Hineinstreben bis in den Verdauungsorganismus." Der vielleicht beste: "Würden Sie im lebendigen Kuhorganismus herumkriechen können, so würden Sie, wenn Sie drin wären im Bauch der Kuh, das riechen, wie von den Hörnern aus das Astralisch-Lebendige nach innen strömt."

Steak Tartar

Ihm ist zugutezuhalten, dass es Anfang der 2000er-Jahre das damals völlig überstrapazierte Carpaccio ablöste. Auch kann Steak Tartar ein wunderbares Gericht sein – wenn es denn angemessen und sorgsam gehackt und gewürzt wird. Doch der inzwischen allgegenwärtige paprizierte und süßliche Gatsch, der auch in einigen Wiener Innenstadtlokalen zusammen mit letztklassigem Industrietoastbrot serviert wird, erinnert viel mehr an einen Puszta-Aufstrich beim Heurigen.

Steak Tartar – derzeit allgegenwärtig auf den Speisekarten.
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Moralisten

In letzter Zeit nerven sie besonders, doch in Wahrheit gibt es sie seit Menschengedenken: Leute, die meinen, sie seien etwas Besseres, weil sie sich das Richtige in den Mund stecken. Oder aber, weil sie das mit gewissen Speisen eben nicht tun. Doch falschgelegen sind sie allesamt. Denn wer im Essen nur das Trennende erkennt, begibt sich auf die dunkle Seite der Macht – während sich auf deren heller Seite das Verbindende findet.

Pinzetten- Küche

Aus angesagten Gourmetlokalen ist sie seit einiger Zeit nicht mehr wegzudenken. In die Brust- oder Ärmeltasche der Kochjacke gesteckt, zeichnet die Pinzette ihren Träger als Kapazunder auf seinem Gebiet aus. In der Küche dient sie ihm zum kunstvollen Anrichten von unzähligen bunten Kugerln, Bemmerln, Blatterln und Sprossen, die effektvoll auf einem einzigen Teller verteilt werden. Gleichzeitig kann man in ihr aber auch das Symbol eines Kochstils sehen, bei dem filigrane Effekthascherei die Sinnlichkeit des Tastsinns ersetzt hat.

Extrem lokal

Dass frische lokale Lebensmittel in der Regel die besseren sind, hat sich dank der Slow-Food-Bewegung herumgesprochen. Spätestens mit den skandinavischen Starköchen erreichte der Kult um regionale Zutaten die Spitzengastronomie. Man kann es aber auch übertreiben. Indem man etwa auf Pfeffer verzichtet – wie das einige Lokale mit preußisch anmutender Akribie praktizieren. Das ist deplatzierter Dogmatismus. Nicht nur, weil Pfeffer eh nicht frisch, dafür unersetzlich ist, sondern auch weil Gewürze seit Jahrhunderten Handelsgüter sind. Und damit auch Symbole für den Austausch mit – und die Öffnung hin zu – anderen Menschen und Kulturen.

Exotisches Designersalz

Bei den verschiedenen bunten und sündteuren Salzsorten mit exotischer Herkunft und klingenden Namen wie Himalajasalz, Persisches Wüstensalz, schwarzes Hawaiianisches Lavasalz und wie sie alle heißen, handelt es sich in erster Linie um ein und dasselbe, nämlich um Salz und also Natriumchlorid. Was sie unterscheidet, sind lediglich winzige Mengen an Zeug, das in Wahrheit nichts im Salz verloren hat und geschmacks- oder ernährungstechnisch völlig unbedeutend ist. Im Fall von Himalajasalz sind das geringfügige Spuren von Eisen. Der Abbau erfolgt übrigens zum größten Teil in einem Mittelgebirge der pakistanischen Provinz Punjab – gut 200 Kilometer vom Himalaja entfernt.

Weinsortengläser

Eine seriöse Studie, die belegt, dass jede Weinsorte ihr eigenes Glas braucht, existiert nicht. Dass uns glaserzeugende Firmen dennoch einreden wollen, ein Pinot aus der Alten Welt gehöre in einem anderen Glas getrunken als einer aus der Neuen Welt, ist aus ihrer eigenen, wirtschaftlichen Sicht nachvollziehbar. Besonderes Marketingtalent beweisen jene unter ihnen, die uns obendrein weismachen wollen, dass das Qualitätsmerkmal eines Glases seine leichte Zerbrechlichkeit ist. (Georges Desrues, RONDO, 12.3.2017)

Weingläser für die Alte oder Neue Welt?
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