Die Jungfamilie mit Kindern ist nach wie vor die Hauptzielgruppe der österreichischen Fertighausindustrie.

Foto: Elk

Wien – Österreich ist nach wie vor "Fertighaus-Europameister", betont man in der Branche gerne. Mehr als jedes dritte hierzulande errichtete Ein- oder Zweifamilienhaus stammt von einem Fertighausanbieter; konkret liegt die Quote aktuell bei 34,6 Prozent.

Im Jahr 2013 waren es noch 37,3 Prozent, 2014 und 2015 musste die Branche aber mit Rückschlägen kämpfen, die auch mit diversen aufsehenerregenden Pleiten zu tun hatte.

Mehr Einfamilienhäuser

Eine aktuelle Studie von Interconnection Consulting sagt den Fertighausbauern (15 davon sind im Fertighausverband organisiert) nun aber wieder moderate Wachstumsraten voraus. Insbesondere was die absolute Zahl an errichteten Fertigteilhäusern betrifft, zeigen die Prognosen nach oben – auch, weil sich die Bauaktivität bei Ein- und Zweifamilienhäusern insgesamt erholt. Interconnection-Chef Frederik Lehner sieht für die Fertighausbranche ein durchschnittliches Umsatzwachstum von 5,6 Prozent bis 2020.

"Schlüsselfertig" legt zu

Immer öfter werden Fertighäuser zudem in der kompletten Ausbaustufe "schlüsselfertig" übergeben. Der Anteil dieser Häuser, die sofort bezogen werden können, liegt aktuell bei 29,9 Prozent. 2013 wurde nur jedes vierte Haus schlüsselfertig übergeben.

"Kunden sind immer mehr bereit, für das Komplettpaket zu bezahlen, anstatt selbst an einem Ausbauhaus Hand anzulegen", schlussfolgert Lehner. Ausbauhäuser sind sozusagen die "Grundstufe" eines Fertighauses, ihr Anteil fiel im Vorjahr auf unter 30 Prozent. Die mittlere Ausbaustufe, "Belagsfertig", liegt mit 41 Prozent vorne.

Die Marktbereinigung der vergangenen beiden Jahre hatte zur Folge, dass die drei umsatzstärksten Unternehmen mit 28,8 Prozent aktuell bereits über ein Viertel des Fertighausmarktes abdecken. Die Top-10-Firmen zeichnen für fast die Hälfte des Marktes verantwortlich.

Elk schielt nach Deutschland

Mit 15 Prozent ist die Firma Elk Marktführer. Auch dort hatte man mit Turbulenzen zu kämpfen. Für eine geplante England-Expansion sollte die Belegschaft 2015 Lohnkürzungen in Kauf nehmen. Es gab einen Aufschrei der Gewerkschaft; schließlich ließ das Unternehmen die Pläne bleiben.

Seit dem Vorjahr hat Elk mit dem österreichischen Unternehmer Matthias Calice einen neuen Eigentümer. Schon zuvor hatte Calice auch den insolventen steirischen Mitbewerber Hanlo erworben.

Elk-Geschäftsführer Gerhard Schuller will nun auf Deutschland fokussieren. Schon im Vorjahr setzte man dort rund 150 Häuser ab, mittelfristig will man sich aber "in Richtung 500" bewegen. In Deutschland wird zwar derzeit nur jedes fünfte Einfamilienhaus als Fertighaus errichtet, der Gesamtmarkt von 150.000 Einfamilienhäusern pro Jahr ist gleichwohl riesig und deshalb sehr verlockend. Außerdem sei dort das Preisniveau höher, so Schuller: Während man mit österreichischen Käufern im Schnitt einen Netto-Umsatz von 173.000 Euro pro Haus mache, sei man in Deutschland bei 200.000 Euro.

Siedlungsprojekte im Fokus

Der zweite große Markt, bei dem sich die Branche insgesamt besser positionieren will, ist das Thema Siedlungsbau. Also die Suche nach Liegenschaften für ganze Einfamilienhaus-Siedlungen, die dann projektiert und abverkauft werden.

"In dieses Segment werden wir hineingehen müssen", ist sich Schuller sicher. Damit ist nicht der mehrgeschoßige Wohnbau gemeint, stellt der ELK-Chef klar. Aber in der Errichtung ganzer Einfamilienhaus-Siedlungen sieht er auch einen Markttrend, der da lautet: "Dem Kunden möglichst viel Arbeit abnehmen" – also etwa auch die Suche nach Grundstücken. Schuller strebt hier durchaus auch Kooperationen mit lokalen Entwicklern an.

Dienstleistungs-Wüste

Generell müsse "der Dienstleistungs-Anteil deutlich erhöht werden", ist sich Schuller sicher. Auch Lehners Studie greift das auf: Insbesondere was das Thema e-Commerce betrifft, gebe es für die Branche einiges aufzuholen. Denn gekauft werden Fertighäuser zwar nach wie vor hauptsächlich in Musterhausparks wie der "Blauen Lagune" in Vösendorf, "vorselektiert wird aber immer mehr im Internet", so Lehner. Bei einem "Mystery-Shopping" über das Web, mit per E-Mail versandten Anfragen an die Anbieter, habe man aber eine erschreckend schlechte Antwortrate gehabt, so Lehner. "Viele Anfragen wurden auch auf Nachfrage nicht beantwortet."

Die Fertighausindustrie müsse aber auch ihre Dienstleistungen rund um den Hausbau erhöhen. "Wir wollen uns etwa auch um Garagen, Beschaffungslogistik, Genehmigungen kümmern", so Schuller.

Zielgruppe: Jungfamilien mit Kindern

Im Schnitt ist ein Haus 130 m² groß, "unter drei Schlafzimmern geht nichts", so Schuller. Weil die Grundstücke tendenziell kleiner werden, brauche es "optimale" Grundrisse. "Die Funktionalität steht im Vordergrund."

Typische Kunden der Fertighaushersteller seien nach wie vor Jungfamilien aus dem urbanen Raum, meist mit zwei Kindern. "Die Investitionsbereitschaft ist da", so Schuller. Er kritisiert aber die Risikopolitik der Banken, "die helfen der Industrie nicht".

Wohnbauförderung ist bei etwas mehr als der Hälfte der Käufer ein Thema, so Schuller weiter. "Viele wollen das mitnehmen." Die neun verschiedenen Wohnbauförderrichtlinien der Länder machen die Sache aber schwierig. (Martin Putschögl, 8.3.2017)