Wie jeden Morgen sitzt Prokurist Josef K. im Nachthemd auf der Kante seines Bettes, die Finger zur Merkelraute gespreizt, und wartet auf sein Frühstück. Doch diesmal kommt es anders. Statt Frau Gruber platzen zwei schwarz gekleidete, schwatzhafte Gestalten ins Zimmer und erklären Herrn K. für verhaftet. Grund können die Herren keinen nennen.

Sich keiner Schuld bewusst, hält Herr K. den Vorfall für einen Schabernack anlässlich seines Geburtstags. Auch findet er sich umgehend in seinem Büro wieder, wo er manisch Schriftstücke stempelt. Das Netz der Justiz liegt bereits über Herrn K., je mehr er strampelt, desto mehr verheddert er sich, ein Entrinnen gibt es nicht.

Regisseur Philipp Jescheck hat eine Bühnenfassung von Franz Kafkas Roman "Der Prozess" erstellt und für die Innsbrucker Kammerspiele in der Messe eine spritzige und kluge Interpretation erdacht, Slapstickeinlagen und Kopulationsszenen inklusive.

Wie eine Marionette

Die Figuren um K. fungieren zeitweise als Erzähler, sie sagen, was K. denkt und wie er handeln wird. Es scheint, als würden sie ihn gängeln und lenken wie eine Marionette. Arno Friedrich überzeugt als schlaksiger Josef K., der sich, anfänglich ungläubig, später wütend seinem unsichtbaren Gegner stellt und schließlich an der Aussichtslosigkeit verzweifelt.

Den Verlockungen der Damen kann er niemals widerstehen. Mit Verve agieren Kristoffer Nowak, Hans Danner, Jan-Hinnerk Arnke und Sara Nunius jeweils in mehreren Rollen. Bestechend ist Michele Lorenzinis Bühnenbild.

Das Schranksystem wandelt sich – mittels Rollladen auf und Rollladen zu – von der Amtsstube zur Barackensiedlung, zum Krankenzimmer bis hin zum Labyrinth des Gerichtsgebäudes. Am Ende gab es lang anhaltenden Applaus für einen sehenswerten Abend. (dns, 9.3.2017)