Drei Zimmer um 500 Euro Miete. Noch ist Wohnen 500 ein Pilotprojekt in Vorarlberg.

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Feldkirch – Die Zahl der Menschen, die keine Wohnung haben oder sich die Wohnung nicht mehr leisten können, steigt immer schneller. 3.202 Haushalte, 19 Prozent mehr als im Jahr zuvor, wurden 2016 von der Caritas-Beratungsstelle Existenz & Wohnen betreut.

"Die Mieten klettern rasant in die Höhe, leistbarer Wohnraum wird immer knapper", sagt Caritas-Direktor Walter Schmolly. Die von der Politik versprochenen strukturellen Maßnahmen – mehr Bau gemeinnütziger Wohnungen und Leerstandmobilisierung – werden erst mittelfristig greifen.

2.000 Menschen haben jedoch jetzt dringenden Wohnbedarf, weitere 4.000 sind bei den Gemeinden als Interessenten für eine gemeinnützige Wohnung gemeldet. Die Angst, die Wohnung nicht mehr finanzieren zu können, lasse den Bedarf an Begleitung durch die Caritas steigen, sagt Sozialarbeiter Christian Beiser.

Solidarität wie in den 1950ern

Die prekäre Situation veranlasst nun die Caritas zu einem öffentlichen Aufruf an Wohnungsbesitzer, ihren Leerstand zu vermieten. Schmolly erinnert an die Krise der Vorarlberger Häuslebauer in den 1950er-Jahren. Zahlreiche Familien gerieten damals durch plötzlich gestiegene Preise in Not, konnten an ihren Rohbauten nicht mehr weiterbauen. "Die Caritas rief die Haussammlung ins Leben, startete Hilfsprogramme mit Wohnbaudarlehen", erinnert der Caritas-Direktor an frühere Solidarität.

Heute bietet die Hilfsorganisation Vermietern an, den Kontakt zu passenden Mieterinnen und Mietern herzustellen, bei Problemen Ansprechpersonen zur Verfügung zu stellen. Mieterinnen und Mieter begleitet die Caritas bei Behördengängen, beim Einzug und hilft Menschen mit Migrationshintergrund bei der Eingewöhnung.

Wohnungsnot trifft auch Mittelstand

Wohnungsnot betreffe nicht nur kinderreiche Flüchtlingsfamilien, sie hat längst den Mittelstand erreicht, sagt Beraterin Angelika Ott. Plötzliche Arbeitslosigkeit könne auch Menschen in guten Jobs in existenzielle Not bringen. Findet sich nicht schnelle neue Arbeit oder eine günstigere Wohnung, gingen Ersparnisse für hohe Mieten schnell zur Neige.

In Vorarlberg muss man durchschnittlich 25 Prozent seines Einkommens für das Wohnen ausgeben, österreichweit 16 Prozent. Bei Armutsgefährdeten machen die Wohnausgaben 36 bis 50 Prozent des Einkommens aus. Schmolly: "Die neue Regelung zur Mindestsicherung verschärft das. Man kürzt die Sätze, leistbaren Wohnraum stellt man aber erst mittelfristig zur Verfügung." (Jutta Berger, 9.3.2017)