Eine grün bepflanzte Spirale zieht sich als Klammer vom Hof bis hinauf aufs Dach.

Visualisierung: VI-Engineers

Das "Living Garden" wurde vor kurzem verkauft.

Visualisierung: VI-Engineers

Das Wohn- und Gewerbeprojekt "Living Garden" in der Seestadt Aspern wurde vor kurzem noch vor Baustart an einen nachhaltigen Investor verkauft. Verkäufer Horst Lukaseder von VI-Engineers und Käufer Markus Zeilinger von fair-finance im Gespräch darüber, was Nachhaltigkeit bedeuten kann.

STANDARD: Nachhaltige Investments sind modern. Warum?

Zeilinger: Einerseits ist das gutes Marketing, denn die Fonds-Anbieter müssen sich ja irgendwie differenzieren. Es gibt mittlerweile keine große Kapitalanlagegesellschaft mehr, die keine nachhaltigen Fonds anbietet. Der zweite Grund ist, dass nachhaltige Unternehmen nachweislich wirtschaftlich erfolgreicher sind. Das zeigen zahlreiche Studien.

STANDARD: Was macht nun eine nachhaltige Immobilie aus?

Zeilinger: Wir haben uns vor zwei Jahren am Immobilienmarkt umgeschaut und erkannt: Wo bei Immobilienfonds Nachhaltigkeit draufsteht, ist sie oft nicht drinnen. Denn es handelt sich um eine Eigendefinition, die in der Regel auf Energieeffizienz fokussiert. Wir haben aber eine breitere Definition, in die beispielsweise auch der Standort der Immobilie und ethische Komponenten einfließen. Ein Problem, das wir mit bestehenden Zertifizierungssystemen außerdem hatten: Es gibt kein vernünftiges System zur Bewertung von Bestandsimmobilien – aber von den sieben Immobilien, die wir derzeit besitzen, sind sechs Wiener Zinshäuser. Die könnten wir nachträglich nicht zertifizieren lassen. Ein Jahrhundertwende-Zinshaus wird nie einen Blower-Door-Test bestehen. Am Ende haben wir aufbauend auf dem klimaaktiv-Kriterienkatalog unser eigenes System entwickelt.

Lukaseder: Wir beobachten, dass man sich immer sehr stark mit Ressourcen und CO2-Emissionen bei Gebäuden beschäftigt, wenn von Nachhaltigkeit die Rede ist. Ich glaube, es ist wichtiger, sich das gesamte Gebäude anzuschauen. Es muss wirtschaftlich sein und den Bewohnern eine Identität geben. Es geht um die verwendeten Baustoffe, aber auch um die Mieterstruktur. All das ist nachhaltig. Die Definition verändert sich ja auch: Vor 15 Jahren wären große Gemeinschaftsflächen nicht als nachhaltig betrachtet worden.

Zeilinger: Wir versuchen, im "Living Garden" von der Mieterstruktur her etwas im sozialen Bereich anzusiedeln, oben am Dach gibt es eine Solaranlage. Aspern ist der ideale Standort. Für uns muss für ein Haus der Gesamtstandard "gut" herauskommen. Das "sehr gut" ist dann eine Frage der Wirtschaftlichkeit. Wir können unseren Anlegern ja nicht sagen: Wir haben das perfekte Haus, aber Rendite gibt‘s keine.

STANDARD: Und wie hoch ist die Rendite im konkreten Fall?

Lukaseder: Sie liegt beim Projekt "Living Garden" bei 3,8 Prozent. Wir haben eine Vermietungs- und Renditegarantie abgegeben, so überzeugt sind wir von unserem Projekt!

STANDARD: Wie stark musste das Projekt adaptiert werden, als ein nachhaltiger Investor auf den Plan trat?

Lukaseder: Minimal. Wir hatten ursprünglich keine kontrollierte Wohnraumlüftung geplant, das haben wir in Form eines dezentralen Lüftungssystems mit Wärmerückgewinnung nachgebessert, weil es im Kriterienkatalog verlangt wurde. Darin werden auch flexible Grundrisse verlangt, die wir aber ohnehin von Anfang an eingeplant hatten.

Zeilinger: Ursprünglich wollten wir ja ein anderes Objekt kaufen.

Lukaseder: Aber das war zu dem Zeitpunkt schon baubewilligt, daher konnten wir den Nachhaltigkeitskatalog nicht mehr erfüllen. Bei "Living Garden" sind wir dann noch vor der Einreichung mit fair-finance in Kontakt getreten.

STANDARD: Wie hoch sind die Mehrkosten?

Lukaseder: Zehn bis 15 Prozent.

Zeilinger: Ja, vielleicht liegen die Baukosten über dem üblichen 08/15-Standard, der in Wien ein ohnehin hoher ist. Aus Investorensicht kann ich aber sagen: Wir kalkulieren anders, weil wir das Haus langfristig besitzen wollen. Wir wünschen uns daher einen geringen Leerstand und eine gute Substanz, damit wir nicht in zehn Jahren die ersten großen Reparaturarbeiten haben. Was also zuerst Mehrkosten sind, macht sich über die Laufzeit des Projektes bezahlt. Investitionen in Nachhaltigkeit rechnen sich wirtschaftlich meiner Ansicht nach immer. (11.3.2017)