Was es bräuchte, um den Anteil von Frauen in Führungspositionen zu erhöhen, fragte Moderation Karin Bauer ( STANDARD) Edeltraud Hanappi-Egger (WU Wien), Andrea Stürmer (Zürich Versicherung), Sabine Mlnarsky (Erste Bank) und Doris Tomanek (Unicredit Bank Austria) (von links).

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Kommunikativer, empathischer, besser?

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Mehr Frauen im Führungsteam bringen mehr betriebswirtschaftlichen Erfolg für das Unternehmen, suggerieren Studien. Woran liegt es dann, dass sie so selten dort hinkommen? Und das, obwohl Frauen angeblich das mitbringen, was Unternehmen benötigen, um sich für die Digitalisierung zu rüsten: Kommunikationsfähigkeit, Empathie, Kreativität. Mitunter um diese Fragen ging es bei einer Podiumsdiskussion des Finanz-Marketing Verbandes (FMVÖ) auf dem Erste-Campus in Wien. Die zu erörternde Ausgangsthese an diesem Mittwoch, dem Weltfrauentag: Sind Frauen nicht vielleicht sogar die besseren Leader?

Besser, schlechter – oder anders?

Bevor man dazu diskutieren kann, müsse man zunächst klären, was "gut" überhaupt bedeutet, sagte Edeltraud Hanappi-Egger, Rektorin der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, in einer einleitenden Rede. Was macht eine gute Führungskraft aus? Anstatt von "gut" will Hanappi-Egger, die das Thema Gender intensiv beforschte, lieber von "anders" sprechen. Was nun für dieses "anders" verantwortlich ist, daran scheiden sich die Meinungen. Biologistische Ansätze gehen davon aus, dass ein Set an Chromosomen und Hormonen dazu führt, dass Männer und Frauen unterschiedlich agieren – im Alltag, im Job, als Führungskraft.

Sozialisationstheorien nehmen an, dass derartige charakterliche Unterschiede erlernt sind. Weil Mädchen anders erzogen werden als Burschen. Indem ein bestimmtes Verhalten gefördert wird, bildeten sich Stereotype, die von klein auf eingeübt werden. Auch im Berufsleben wirkten diese noch, sagte Hanappi-Egger. "Frauen müssen sich an die Erwartungen anpassen."

Verallgemeinerungen schwierig

"Auf gut Österreichisch", so die WU-Rektorin schließlich, könne man die Frage, ob Frauen die besseren Leader sind, nur mit einem "Jein" beantworten. Der Führungsstil von Männern und Frauen sei möglicherweise anders, "aber ist das gleich besser?"

Sabine Mlnarsky, Personalchefin bei der Erste Bank, meint, dass Frauen – in manchen Situationen – tatsächlich besser führten. Auch habe sie "bereits mehr schlechte männliche Führungskräfte erlebt". Das liege aber auch daran, "dass es insgesamt mehr Männer gibt" in dieser Funktion.

Doris Tomanek, Vorstandsmitglied der Unicredit Bank Austria, findet nicht, dass Verallgemeinerungen möglich sind. Maßgeblich sei eher, welche Art von Führung in einem Unternehmen benötigt werde. Für Andrea Stürmer, neue Vorstandsvorsitzende der Zürich Versicherung in Österreich, ist gute Führung "geschlechtsunabhängig". Rekrutiert sie neue Mitarbeiter, sehe sie sich schlicht nach der besten Person um. Entscheidend seien dabei Kriterien wie fachliche Qualifikation, bisherige Leistungen. Ob Frau oder Mann – das dürfe keine Rolle spielen. "Wir können es uns nicht leisten, die Hälfte der Talente auszublenden."

Pro Diversität

Dass gemischte Teams erfolgreicher sind, da waren sich die Diskutantinnen einig – zu hören waren Plädoyers für Diversität. "Frauen in Führungspositionen zu bringen, ist unternehmerisch kluges Handeln", sagte Stürmer. Dass zwar viele fähige weibliche Führungskräfte an der Wirtschafts-Uni ausgebildet werden, diese offenbar aber nicht in die Spitzenpositionen der Unternehmen gelangen, hält Hanappi-Egger daher für eine "Ressourcenverschwendung".

Ändern könne man die Ungleichheit auf zweierlei Art und Weise, sagte die Rektorin: erstens, indem man Frauen stärkt, sie dafür trainiert, sich im bestehenden System zu behaupten. Zweitens, indem man das System selbst verändert. Dazu gehöre auch, das aktuelle Verständnis von gutem Management zu hinterfragen und anschließend neu zu definieren. Müssen tatsächlich Eigenschaften wie Durchsetzungsfähigkeit, Entscheidungsfreude, Risikoaffinität – kurz: männlich konnotierte Merkmale – ausschlaggebend sein?

Seilschaften bilden

Tomanek hält es für wichtig, dass Frauen vermehrt Seilschaften bilden, denn: "Es drängen sich immer die Männer vor." Männer würden sich oft mehr zutrauen, sich anders präsentieren. "Selbst Frauen neigen dann dazu, den Mann zu nehmen." Umso wichtiger sei es also, dass Chefinnen und Personalverantwortliche diesen Mechanismus durchschauen und sich auch einmal bewusst für die Frau entscheiden.

Mlnarsky wünscht sich ebenfalls mehr Frauensolidarität. Sie hält es für "unsere eigene Aufgabe, Frauen nachzuziehen". Für jene, die das nicht tun, gebe es, wie es die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright formulierte, "einen speziellen Platz in der Hölle". Zum gegenseitigen Support gehöre auch, Kolleginnen zu ermutigen "auch mal aufzuzeigen". Aber selbst wenn sie das tun – machen die Männer denn freiwillig Platz?, wollte Moderatorin Karin Bauer (der STANDARD) wissen. "Es ist nicht einfach, aber es geht", ist Mlnarsky überzeugt.

Netzwerken auch mit Männern

Nicht nur mit anderen Frauen, auch mit Männern müssten Frauen stärker netzwerken, sagte wiederum Stürmer. Sie säßen nämlich momentan noch in den Entscheidungspositionen. "Ohne sie geht es nicht." Sie selbst habe vor allem männliche Förderer gehabt. Manager wüssten häufig nicht, wie sie mit jungen, möglicherweise auch noch gutaussehenden weiblichen Nachwuchstalenten umgehen sollen. "Wir müssen den Männern die Angst vor den Frauen nehmen", sagte Stürmer.

Jungen Frauen rät sie, Mehraufgaben zu übernehmen, so sehe der Chef schnell, dass er einer die höhere Position zutrauen kann. Ein Tipp: "Stellen Sie die Frage, wie Sie in eine Führungsrolle kommen."

Die für 2018 geplante 30-Prozent-Frauenquote für Aufsichtsräte befürworten die Podiumsgäste. "Wir brauchen sie. Männer hatten jahrhundertelang eine Quote", sagt Mlnarsky. Stürmer ist jedoch der Meinung, dass eine entsprechende Firmenkultur ähnlich effektiv wirke. "Wir haben keine Quote, und ich sitze, wo ich sitze."

Was Karrieren fördert und hemmt

Thema war an diesem Abend auch, was die Digitalisierung für Frauen bringen kann. Jedenfalls ändere sie die Arbeitswelt radikal – was auch dazu führen werde, dass Arbeit neu organisiert wird. "Selbstständigkeit wird attraktiver, Gründerinnen werden es leichter haben", sagte Mlnarsky. Sie setze hohe Erwartungen in die junge Generation, die "ein anderes Selbstbewusstsein mitbringt". Viele junge Männer wiederum fokussierten auf anderes als auf ihre Karriere. "Das macht Platz."

Nicht zuletzt bräuchten Unternehmen im Zeitalter der Digitalisierung Mitarbeiter mit hoher Qualifikation – die Frauen mitbringen. "Sie sind hier in einer guten Startposition", sagte Stürmer.

Die Frage aus dem Publikum, ob Kinder ein Karrierehindernis sind, konnte nicht eindeutig geklärt werden. Hanappi-Egger: "Das kann eigentlich nicht sein. Schließlich gibt es so viele Väter, die Karriere machen." (Lisa Breit, 11.3.2017)