Rom/Wien – Es ist nicht die große Wende, und von einer echten Öffnung ist man wohl noch weit weg. So schnell ist die Weltkirche nicht. Aber es ist ein Hoffnungsschimmer für viele Katholiken, dass über eines der dornigsten und drückendsten Themen in der katholischen Kirche nun vielleicht doch breiter diskutiert wird.

Einen entsprechenden Impuls setzte Papst Franziskus nun in einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit", indem er ein Nachdenken über die Weihe verheirateter Männer zu Priestern anregte. "Wir müssen darüber nachdenken, ob Viri probati eine Möglichkeit sind. Dann müssen wir auch bestimmen, welche Aufgaben sie übernehmen können", merkte der Bischof von Rom in Zusammenhang mit dem Rückgang der Zahl von Priestern an. Freilich fügte er fast im selben Atemzug hinzu, nicht am Zölibat rütteln zu wollen. Freiwilligkeit sei hier "keine Lösung". Und das mindestens so heikle Thema der Frauenweihe sparte Franziskus überhaupt lieber ganz aus.

"Ehrliche Behandlung"

Der emeritierte Bischof von Mainz, Kardinal Karl Lehmann, merkte im Interview mit der "Rheinischen Post" an, auch wenn das Thema "nie zur Ruhe gekommen ist", sei "nach Jahrzehnten endlich eine ernsthafte, alle Gesichtspunkte einbeziehende, ehrliche, aber auch spirituelle Behandlung des Themas vonnöten". Parolen hätten auch bisher nichts genützt. Lehmann: "Aber die Sache ist ernst und in vielen Teilen der Welt dringlich."

Für Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, bezieht sich der jüngste Impuls des Papstes vor allem auf "Extremsituationen in entlegenen Weltgegenden wie Amazonien". Dort gebe es Gemeinden, die wegen des Priestermangels nur einmal im Jahr die Sakramente empfangen könnten.

Zölibatäre Schlupflöcher

Auch wenn eine tatsächliche Änderung noch unwahrscheinlich wirkt, ist es Franziskus zumindest gelungen, die ewige Diskussion frisch zu befeuern. Eine Diskussion, die auch von einer gewissen Scheinheiligkeit geprägt ist. Denn es gibt sie, die zölibatären Schlupflöcher: Das Kirchenrecht sieht vor, dass der Papst in ganz besonderen Fällen Priester vom Zölibat befreien kann. So dürfen etwa Priester der Ostkirche heiraten oder auch verheiratete Anglikaner in den "Schoß Roms" zurückkehren.

Und selbst in Österreich gibt es Priester mit offiziellem Familienanhang. Als Gerhard Höberth, heute Kaplan in der Pfarre Rudolfsheim, bei seiner Weihe am 15. Juni 2007 im Stephansdom demütig vor dem Wiener Erzbischof Christoph Kardinal Schönborn zu Boden ging, saßen in der ersten Reihe seine Frau und die vier gemeinsamen Kinder.

Die priesterliche Keuschheit ist kein Glaubensdogma. Wenn auch seit Jahrhunderten kirchenrechtlich festgelegt, bleibt dennoch die Möglichkeit zur Veränderung. Und nicht einmal die konservativen Vorgänger Johannes Paul II. und Benedikt XVI. haben sich in Sachen Zölibat endgültig und unumstößlich festgelegt. (mro, 10.3.2017)