Beirut/Damaskus – Bei einem Doppelanschlag in der syrischen Hauptstadt Damaskus sind am Samstag mehrere Dutzend Menschen getötet worden. Viele weitere Menschen wurden verletzt, teilte die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte mit. Unter den mindestens 74 Toten sind nach Behördenangaben aus dem Irak überwiegend Pilger aus dem Nachbarland. Zu den Anschlägen bekannte sich zunächst niemand.
Der in Großbritannien ansässigen Beobachtungsstelle zufolge detonierte ein am Straßenrand platzierter Sprengsatz, als ein Bus vorbeifuhr. Ein Selbstmordattentäter habe sich überdies in der Gegend Bab al-Saghir in die Luft gesprengt, wo sich mehrere schiitische Mausoleen befänden, die Pilger aus aller Welt anzögen.
Sprengsätze am Straßenrand
Ein Sprecher des irakischen Außenministeriums in Bagdad sprach von zwei Sprengsätzen am Straßenrand, welche die Busse mit den Pilgern treffen sollten. Auch die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete von zwei Bomben, die in der Nähe eines Friedhofs in der Altstadt explodiert seien.
Die Beobachtungsstelle sprach erst von 46 Toten, darunter rund 40 irakische Pilger, sowie mehreren Dutzend Verletzten. Am Sonntagmorgen korrigierte sie die Zahl der Todesopfer auf mindestens 74 nach oben. Viele seien schwer verletzt. Die Beobachtungsstelle stützt sich auf ein dichtes Netz von Informanten in Syrien, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen. Der Sprecher des irakischen Außenministeriums, Ahmed Jamal, erklärte, ersten Erkenntnissen zufolge seien rund 120 Personen verletzt worden.
Der syrische Innenminister Mohammad al-Shaar erklärte, bei den Opfern handle es sich um Pilger verschiedener arabischer Nationalitäten. "Das Ziel war einfach nur zu töten", erklärte er.
Im syrischen Staatsfernsehen waren Bilder mehrerer zerstörter Busse zu sehen, einige davon waren ausgebrannt. Auf dem Boden waren herumliegende Schuhe, Brillen, Rollstühle sowie Blutlachen zu sehen.
Hintergründe unklar
Zu den Anschlägen bekannte sich zunächst niemand. Im syrischen Staatsfernsehen war von "Terroristen" die Rede. Diesen Begriff verwendet die syrische Führung für Rebellen und Jihadisten, die der Regierung feindlich gegenüberstehen. Das irakische Außenministerium machte sunnitische Extremistenorganisationen verantwortlich. Schiitische Schreine sind ein häufiges Ziel sunnitischer Extremistenorganisationen wie Al-Kaida und dem "Islamischen Staat" (IS).
Zwar gab es in Damaskus seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 mehrere Anschläge, sie sind aber dennoch eher selten. Auch blieb die Hochburg von Präsident Bashar al-Assad von den im Land wütenden Kämpfen weitgehend verschont. Seit dem Beginn des Bürgerkriegs vor sechs Jahren wurden mehr als 300.000 Menschen in Syrien getötet, Millionen Menschen flohen.
Teheran verurteilte Terrorattacken in Damaskus
Der Iran hat die Terroranschläge in Damaskus aufs Schärfste verurteilt. "Diese unmenschlichen und scheußlichen Attacken sind die verzweifelte Reaktion der Terroristen auf ihre Niederlagen an der militärischen Front", sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi am Samstag.
Um den Friedensprozess in Syrien zu sabotieren, seien die Terroristen sogar bereit unschuldige Pilger zu töten, so der Sprecher nach Angaben der Nachrichtenagentur IRNA.
Bei den Anschlägen nahe einem schiitischen Schrein wurden Dutzende Menschen, offenbar großteils Pilger aus dem Irak, getötet. Ähnliche Anschläge in anderen Landesteilen gingen in der Vergangenheit oft auf das Konto der radikalsunnitischen Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Der Iran ist einer der wichtigsten Verbündeten der syrischen Regierung. (APA, 11.3.2017)