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Kroatiens Lebensmittelriese Agrokor steckt in der Krise.

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Zagreb/Sarajevo – Kroatien erholt sich zusehends. Zuletzt lagen die Wachstumsraten des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei über drei Prozent. Der Ökonom Vladimir Cavrak von der Uni in Zagreb bescheinigt der neuen Regierung unter Premier Andrej Plenkovic auch einen relativ guten Start in der Wirtschaftspolitik. Kernpunkte sind eine Steuerreform, Erleichterungen für Unternehmen und der Rückkauf von ehemaligen Anteilen des kroatischen Erdölunternehmens Ina von der ungarischen Mol. Finanziert werden soll das durch den Verkauf von Anteilen der kroatischen Elektrizitätsgesellschaft HEP.

Das Finanzministerium rechnet mit einem Wachstumseffekt von 0,5 Prozent als Folge der Steuerreform. Cavrak meint, es fehle aber weiterhin der politische Wille, Strukturreformen durchzusetzen. Er würde bei den ineffizienten Lokalverwaltungen ansetzen.

"Nationales Heiligtum"

Den geplanten Rückkauf der Ina-Anteile sieht Cavrak aber kritisch. Allein die Bekanntmachung dieses Vorhabens rund um Weihnachten sei "eine negative Botschaft an ausländische Investoren gewesen". Die Debatte hat damit zu tun, dass die Ina in Kroatien als eine Art "nationales Heiligtum" gesehen wird. Dem ehemaligen Premier Ivo Sanader war es übel genommen worden, dass die Mol über einen neuen Aktionsvertrag in dem teilstaatlichen Ölkonzern 2009 die Führung übernehmen konnte. Er wurde 2014 sogar dafür verurteilt, angeblich Schmiergeld von Mol-Chef Zsolt Hernadi dafür genommen zu haben. Das Urteil wurde allerdings im Jahr 2015 wieder aufgehoben. In Kroatien hoffte man, dass der gesamte Aktionärsvertrag aus 2009 für nichtig erklärt wird.

Doch mittlerweile hat Kroatien das Schiedsverfahren gegen die Mol bei der Kommission für Internationalen Handel in Genf in dieser Causa verloren, was dem Staat sehr hohe Kosten verursacht. Kroatien hatte die Mol im Jänner 2014 geklagt, mit dem Argument, dass der Vertrag auf Korruption basiere. Der Traum auf rechtlichem Weg wieder zu den Anteilen zu kommen, ist nun ausgeträumt.

Doch jene acht bis zehn Milliarden Kuna (bis zu 1,3 Milliarden Euro), die für einen Rückkauf der Anteile nach Ungarn fließen würden, würden für andere Investitionen in Kroatien fehlen, meint Cavrak. Außerdem müsse man dann auf ausländische Kredite zurückgreifen und dies wäre negativ für den Konsum und Investitionen.

Die zweite große Herausforderung sind die finanziellen Schwierigkeiten des Lebensmittelriesen Agrokor. Im Februar forderte die Sberbank die Zahlung von Krediten von Agrokor ein, die der Konzern mit 60 Unternehmen, offenbar nicht bedienen kann. Die Schulden belaufen sich auf geschätzte sechs Milliarden Euro – sechs oder sieben Mal so viel wie das Kapitalvermögen.

Russische Banken

Die Abhängigkeit von russischen Banken gilt auch als Politikum – anders als die Vorgängerregierung mit Tomislav Karamarko, gilt der neue Premier Plenkovic als wenig Russland-affin. Agrokor beschäftigt allein in Kroatien 40.000 Menschen, in Bosnien-Herzegowina und Serbien weitere 20.000 Leute. Die Ratingagentur Moody's wertete den Konzern jüngst von stabil auf negativ ab. Cavrak denkt, dass der Staat im Notfall aber einspringen würde. Das jährliche Einkommen von Agrokor betrage 15 Prozent des gesamten BIPs in Kroatien. "Der Konzern ist einfach zu groß, um ihn Pleite gehen zu lassen." (Adelheid Wölfl, 14.3.2017)