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Englische Rechtschreibung hat einen schweren Stand.

Foto: AP/Caleb Jones

Normalerweise höre ich nicht so genau hin, wenn im Fitnessstudio die Popsongs dröhnen. Man hat ja genug mit der Atmung und der Koordination diverser Muskeln zu tun. Neulich aber wäre ich fast vom Laufband gefallen. "Me and my broken heart", plärrte da einer, und ich wollte schon zurückschreien: Ein gebrochenes Herz stellt noch lange keinen Grund dar für schlechte Grammatik! "My broken heart and I" muss es korrekt heißen. Ich schrie dann doch nicht, man will ja nicht als Sonderling gelten.

Allerdings könnte es dafür schon zu spät sein. Wem nämlich Grammatik und Rechtschreibung am Herzen liegen, der hat auf der Insel rasch den Stempel als ‘wunderlicher Rechthaber’ weg. Selbst seriöse Zeitungen wie die "Times" drucken regelmäßig Kolumnen angeblicher Sprachkritiker, deren Quintessenz lautet: Anything goes – Regeln beherzigen nur Kleingeister, Querdenker hingegen verwenden gern auch quere Grammatik. Und überhaupt verändere sich Sprache eben.

Rechthaber

Auf solche Mitteilungen weist mich mein Freund David immer triumphierend hin, wenn ich wieder einmal über sein schludriges Englisch stolpere. Ich solle mich nicht so haben, das sei doch alles gar nicht so wichtig, findet er. Ich zitiere dann gern George Orwells berühmten Essay zur Sprache in der Politik: "Die englische Sprache wird hässlich und ungenau, weil unsere Gedanken dämlich sind, aber die Schlampigkeit unserer Sprache erleichtert es uns, auf dumme Gedanken zu kommen." Da kann es passieren, dass David mich der Rechthaberei bezichtigt. Zur Beschwichtigung spendiere ich ihm ein Pint, dann ist unsere Welt wieder in Ordnung.

Neulich allerdings wirkte er ein bisschen betrübt. Seinem erwachsenen Sohn war schon wieder eine Jobabsage ins Haus geflattert, versehen mit einer erschütternden Mitteilung: Unter 30 Interessenten sei nur ein einziger gewesen, der seine Bewerbung ohne Rechtschreibfehler und Grammatikschnitzer abgeliefert hatte. Davids Sohn war es nicht – "natürlich nicht", lag mir auf der Zunge. Ausnahmsweise sagte ich gar nichts. (Sebastian Borger aus London, 14.3.2017)