Ukrike Lunacek ist für ein Nein beim türkischen Verfassungsreferendum. "Aber Wahlveranstaltungen zu verbieten, halte ich grundsätzlich für falsch".

Foto: lunacek.eu

Während die Regierung in Wien an einer Gesetzesänderung arbeitet, die Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Österreich verhindern sollen, ist die Mehrheit österreichischer Abgeordneter im EU-Parlament da eher skeptisch. Nur die FP-Mandatare sind ganz klar für ein Verbot. Angelika Mlinar (Neos) zeigt Verständnis für das Vorgehen der niederländischen Behörden, die zwei türkische Minister an Auftritten hinderte. Man könne nicht "Menschenrechte dafür verwenden, um dafür einzutreten, dass Menschenrechte abgeschafft werden", argumentiert sie.

Anders sieht das VP-Delegationschef Othmar Karas: Verbote wären "eine Einschränkung der Meinungsfreiheit, und damit habe ich meine Probleme", sagte er am Dienstag in Straßburg. Am Liebsten wäre ihm, wenn es eine gesamteuropäische Regelung gebe, die auch die Problematik der Doppelstaatsbürgerschaften regelt. Nur aus der aktuellen Situation heraus auf Attacken von Tayyip Erdogan zu agieren, wäre zu wenig. Auch der SP-Abgeordnete Josef Weidenholzer spricht sich dafür aus, die Sache grundsätzlicher anzugehen.

Für ein Nein, gegen Verbote

Das Staatsbürgerschaftsrecht werde sehr verschieden gehandhabt. Frankreich habe sogar eigene Abgeordnete für im Ausland lebende Franzosen. Für "mehr Gelassenheit" bei Auftritten türkischer Minister plädiert Eugen Freund. Für Delegationschefin Evelyn Regner ist Erdogans Tons "inakzeptabel", es sei nötig, diesbezüglich eine "klare Sprache" zu haben. Mangels EU-Kompetenz müsse aber die nationale Ebene entscheiden.

Am Weitesten lehnt sich die Grüne Abgeordnete und Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Ulrike Lunacek, zugunsten der Rede- und Meinungsfreiheit hinaus. Sie wünsche sich, dass das Referendum in der Türkei, das Erdogan mehr Vollmachten geben würde, mit Nein ausgehe. Es sei sinnvoll, wenn die Frage der Sicherheit bei Auftritten türkischer Politiker geklärt werde, sagt Lunacek, "aber Wahlveranstaltungen zu verbieten, halte ich grundsätzlich für falsch".

Auftrittswelle in Deutschland

Sie spricht sich dafür aus, türkische Politiker in Debatten zu stellen, Erdogan auf europäischer Ebene einzuladen und deutlich zu machen, "dass seine Präsidialverfassung nicht im Einklang steht mit EU-Grundsätzen". Lunacek überlegt, selbst mit türkischen Ministern öffentlich zu diskutieren.

Um das Thema von Wahlkampfauftritten türkischer Politiker in EU-Staaten dürfte es in nächster Zeit auch kaum ruhiger werden. Nach einem Bericht der Bild-Zeitung sollen nach den Plänen von Außenminister Mevlüt Çavuşoglu bis Ende März fünfzehn Auftritte hochrangiger Politiker aus der Türkei in Deutschland bevorstehen. Das Saarland hat am Dienstag angekündigt, Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in dem Bundesland verbieten lassen zu wollen. (Thomas Mayer aus Straßburg, 14.3.2017)