Terror und Sicherheit, Europa und Immigration, Klima, Rente und Steuern: Ein letztes Mal maßen am Dienstagabend in einer Fernsehdebatte die Spitzenkandidaten der wichtigsten Parteien ihre Kräfte. Am spannendsten: das Duell zwischen dem Rechtsaußen Geert Wilders und Lodewijk Asscher, bisher sozialdemokratischer Minister für Arbeit und Soziales. Wilders könnte am Mittwoch Wahlsieger werden – Asscher muss mit seiner Partei hingegen mit erdrutschartigen Verlusten rechnen und darf froh sein, wenn er im 150 Sitze starken Abgeordnetenhaus eine zweistellige Mandatszahl halten kann. Viele Wähler nehmen es den Sozialdemokraten übel, dass sie mit der Unternehmerpartei von Premierminister Mark Rutte in See gestochen sind und zur Bewältigung der schweren Wirtschaftskrise drastische Einsparungen durchgeführt haben.

Asscher hat sich auf die traditionelle Rolle der Sozialdemokraten als Hüter des Sozialstaates zurückbesonnen. Er will dafür sorgen, dass die Niederlande nicht "nach rechts abbiegen" und ein "soziales und anständiges" Land bleiben. Sein Motto: "Die Niederlande gehören uns allen!"

Wilders in Hochform

Doch damit kam er im direkten Duell mit Wilders nicht weit, der zur Hochform auflief: "Die Niederlande gehören nicht uns allen, die Niederlande gehören den Niederländern", konterte er. "Wir können nicht die halbe Welt reinlassen, das ist unbezahlbar." Die Sozialdemokraten hätten in den 1990er-Jahren, als sie am Ruder waren, mit ihrer unverbindlichen Einwanderungspolitik dafür gesorgt, dass sich die Einheimischen in ihrem eigenen Land nicht mehr zu Hause fühlten. Damals galt noch das Motto: "Integrieren unter Beibehaltung der eigenen Kultur".

Wilders liefert sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Ministerpräsident Rutte. Der konnte seinen Vorsprung in den letzten Tagen dank der Türkei-Krise etwas ausbauen. Aber drei weitere Spitzenkandidaten sind Rutte und Wilders auf den Fersen und haben ebenfalls Aussichten auf das Premiersamt: neben Alexander Pechtold von den liberalen D66-Demokraten und dem erst 30 Jahre alten Jesse Klaver von den Grünen auch Sybrand Haersma Buma von den Christdemokraten. Die haben überraschend zugelegt, lagen zeitweise sogar mit Wilders' PVV auf gleicher Höhe und befinden sich nun auf Platz drei. Große Parteien gibt es in den Niederlanden nicht mehr, nur noch mittelgroße. Folge: Für eine mehrheitsfähige Regierung sind drei, wenn nicht vier Koalitionspartner nötig. (Kerstin Schweighöfer, 14.3.2017)