Ingolstadt – Die Staatsanwaltschaft München II nimmt wegen der Abgasaffäre Audi-Manager ins Visier. Die Behörde habe ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wegen des Verdachts des Betruges und der strafbaren Werbung eingeleitet, teilte sie am Mittwoch mit. Dabei gehe es um 80.000 Dieselfahrzeuge, die bis 2015 in den USA verkauft worden seien.

"Es besteht der Verdacht, dass in diese Kraftfahrzeuge technische Vorrichtungen zur Manipulation von Abgaswerten eingebaut wurden, um die US-amerikanischen Abgasgrenzwerte einzuhalten, und die Käufer diesbezüglich nicht informiert wurden", hieß es. Das europäische Geschäft sei nicht betroffen.

Im Rahmen der Ermittlungen würden am Mittwoch Standorte von Audi in Ingolstadt und Neckarsulm sowie an weiteren sieben Orten durchsucht. Es solle damit geklärt werden, welche Personen die Vorwürfe betreffen.

Razzia in der Früh

In die Audi-Zentrale in Ingolstadt und das Werk Neckarsulm sind am Mittwochfrüh mehr als 100 Polizeibeamte und Staatsanwälte ausgerückt. Die Aktionen der Staatsanwaltschaften München und Stuttgart stünden im Zusammenhang mit der Dieselthematik, sagte Audi-Sprecher Toni Melfi zum Auftakt der Jahrespressekonferenz des Unternehmens in Ingolstadt.

Die Privaträume von Audi-Chef Rupert Stadler sind nach den Worten des Managers nicht von Ermittlern durchsucht worden. "Ich habe noch keinen Besuch gesehen", sagte der Vorstandsvorsitzende bei der Bilanzpressekonferenz in Ingolstadt. "Ich bin aber auch seit 7.30 Uhr hier, und meine Frau hat noch nicht angerufen."

Keine Details

Stadler wollte keine Details zur Razzia nennen. "Ich selbst habe größtes Interesse an der Aufklärung des Sachverhalts." Audi kooperiere vollumfänglich. Den Zeitpunkt der Razzia – direkt vor Beginn der wichtigsten Pressekonferenz des Jahres, zu der Journalisten aus aller Welt anreisen – kommentiere er nicht. Auch auf Fragen nach personellen Konsequenzen bei Audi aus dem Dieselskandal wollte er nicht näher eingehen. Stadler verwies darauf, dass zwei Entwicklungschefs gehen mussten sowie Mitarbeiter auf unteren Ebenen. Zu seiner Person habe der Aufsichtsrat "eine klare Aussage" gemacht.

Das Kontrollgremium hatte Stadler Ende Februar öffentlich den Rücken gestärkt, nachdem der langjährige Audi-Chef seit Bekanntwerden der Dieselaffäre immer stärker unter Druck geraten war.

Niedrige Abgaswerte

Audi hatte in den USA Dieselautos mit einer dort illegalen Software verkauft, die niedrigere Abgaswerte angibt. Schon unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe hatte die bayerische Justiz ein Prüfverfahren eingeleitet. Der Verdacht lautet auf unlauteren Wettbewerb und Betrug.

Der Dieselskandal hatte das Ergebnis der VW-Tochter im vergangenen Jahr mit 1,8 Milliarden Euro belastet. Stadler sagte: "Als Konsequenz aus der Dieselaffäre stellen wir bei Audi alles auf den Prüfstand." Die Aufarbeitung sei "noch lange nicht abgeschlossen". Aber sein Unternehmen tue alles, "dass so etwas wie die Dieselaffäre bei uns nie wieder passiert".

Brüssel beendet Vermittlung im deutsch-italienischen Abgasstreit

Im Streit zwischen Deutschland und Italien um verdächtige Abgaswerte bei Fiat hat die EU-Kommission am Mittwoch ihre Vermittlung beendet. Beide Seiten hätten sich darauf verständigt, dass der italienische Autobauer den Ausstoß an Stickoxiden (NOx) senken müsse, erklärte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde.

Zudem habe Italien über die Serviceaktionen informiert, die Fiat bereits im vergangenen Jahr für das Modell 500X 2.0L Diesel gestartet hatte.

Das Ende der Gespräche sei aber nicht als Gütesiegel für Fiat zu verstehen, betonte die Sprecherin. Ob der Fiat 500X Diesel den EU-Vorschriften genüge, sei nicht Gegenstand der Beratungen gewesen. Die Behörde behalte sich vor, Schritte zu ergreifen, falls sie eine Verletzung europäischen Rechts feststelle.

Kontrolleure in Deutschland hatten vermutet, dass bei Fiat wie bei VW eine unzulässige Software zum Fälschen von Abgaswerten eingesetzt worden sein könnte. Der Autobauer verneint das. (APA, Reuters, 15.3.2017)