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Erdogan-Propaganda auf dem Taksim-Platz in Istanbul

Foto: Reuters/Sezer

Straßburg/Istanbul – Im Streit um türkische Wahlkampfauftritte in Europa hat Präsident Recep Tayyip Erdogan seine Anschuldigungen gegen die Niederlande noch einmal verschärft: In einer Wahlkampfrede im zentraltürkischen Afyonkarahisar warf Erdogan den Niederlanden am Mittwoch vor, sie hätten 1995 im bosnischen Srebrenica "mehr als 8000 bosnische Muslime massakriert". "Sie haben nichts mit der Zivilisation, nichts mit der modernen Welt zu tun", sagte Erdogan weiter. "Die Juden wurden in der Vergangenheit genauso behandelt", fuhr er fort: "Der Geist des Faschismus wütet auf den Straßen Europas."

Ein niederländisches Blauhelmkontingent war während des Bosnien-Kriegs in der Stadt stationiert und hatte das von bosnischen Serben verübte Massaker nicht verhindern können. Die Blauhelme waren unbewaffnet und sahen sich gezwungen, die UNO-Schutzzone den heranrückenden serbischen Truppen kampflos zu überlassen.

Der bosniakische Ex-Bürgermeister von Srebrenica, Camil Durakovic, kritisierte Erdogans Aussagen als "Missbrauch" der Opfer von Srebrenica. Alle UNO-Mitglieder seien gleichermaßen für das Massaker verantwortlich, sagte Durakovic nach Medienberichten vom Mittwoch.

Tusk solidarisch

EU-Ratspräsident Donald Tusk hat den Niederlanden die Solidarität der ganzen EU gegenüber den Anschuldigungen des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan versichert. Auch EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker kritisierte Erdogans Nazi-Vergleich am Mittwoch im Europaparlament in Straßburg als "absolut inakzeptabel".

"Ich war wirklich schockiert", so Juncker. "Wir werden niemals akzeptieren, dass wir als amtierende Regierungen mit den Nazis verglichen werden." Juncker sagte, nicht die Europäische Union schließe sich der Türkei an, sondern die Türkei entferne sich von Europa.

Donald Tusk

Tusk betonte auf Niederländisch: "Die Niederlande sind Europa und Europa sind die Niederlande, ein Ort der Freiheit und der Demokratie." Rotterdam, die Stadt von Erasmus, sei brutal von den Nazis zerstört worden, ihr Bürgermeister sei in Marokko geboren, sagte der polnische Ex-Premier. "Das hat nichts mit dem Faschismus zu tun. Wir sind alle solidarisch mit den Niederlanden." (APA, 15.3.2017)