Kanzler Kern will eine "Koalitionsmeinung", das sei auch mit Vizekanzler Mitterlehner vereinbart. Außenminister Kurz plant indes einen Städtetrip (von rechts nach links).

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Wien – Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) pocht angesichts der offensiv vorgetragenen EU-Reformideen von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) auf eine gemeinsame Linie in der Außenpolitik. Er habe sich mit Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) darauf geeinigt, "bis zum Sommer" eine "gemeinsame Koalitionsmeinung zur Europapolitik" zu formulieren, sagte Kern der "Tiroler Tageszeitung".

Kurz hatte Ende Februar konkrete Ideen für die Reform der Europäischen Union präsentiert und will noch im Frühjahr eine Tour durch die EU-Hauptstädte starten, um nach "Schnittmengen" zu suchen. Auf entsprechende Fragen ließ er versichern, dass er seine Ideen auch der Bundesregierung vorlegen wolle und es dann eine gemeinsame österreichische Position geben solle.

Gegenüber dem "Kurier" verlautete aus dem Außenministerium, es sei von Anfang an geplant gewesen, dass er Kurz das Konzept der Regierung vorlegt, bevor er damit auf EU-Tour gehe Früheren Berichten zufolge wollte Kurz seine Tour im April starten.

Kurz-Plan liegt SPÖ noch nicht vor

Ein Sprecher von Bundeskanzler Kern sagte am Donnerstag, dass Kurz sein Konzept noch nicht präsentiert habe. "Es liegt nichts vor", so Kern-Sprecher Nikolai Moser. In der SPÖ stellte man klar, dass etwaige von Kurz auf seiner Hauptstadttour präsentierte Vorschläge bis zur einer entsprechenden koalitionsinternen Akkordierung "nicht relevant für die Bundesregierung" seien.

"Natürlich kann jeder seine Positionen präsentieren. Am Ende brauchen wir aber gerade in der Außenpolitik eine gemeinsame Linie", betonte Kern im "TT"-Interview. "Wenn wir als Regierung nach außen agieren, müssen wir danach trachten, einen gemeinsamen Standpunkt zu vertreten", sagte er in offenkundiger Anspielung auf den Außenminister. "Andernfalls nimmt man uns nicht für voll – verabschieden wir uns von einer ernsthaften Außenpolitik."

Kern für Investitionsprogramm

Es gebe zwischen SPÖ und ÖVP zwar "in vielen Fragen, wenn ich etwa an die Türkei denke, ein hohes Maß an Gleichklang", sagte Kern. "Aber in einigen anderen außenpolitischen Fragen ist das leider nicht der Fall", sagte er in Anspielung etwa auf die Sozial- und Wirtschaftspolitik. So setzt sich Kurz in seinem Konzept für eine massive Deregulierung auf EU-Ebene ein, um die Wirtschaft zu entlasten, und bezieht klar gegen Überlegungen einer "teuren Sozialunion" Stellung. Auch pocht er auf eine striktere Einhaltung der Maastricht-Defizitkriterien. Kern will dagegen mehr Engagement der EU bei der Schaffung von Jobs und hat eine Aufstockung des als "Juncker-Plan" bekannten milliardenschweren Investitionsprogramms ins Spiel gebracht.

In einer Reaktion auf Kerns Forderung betont das Außenministerium, dass Experten des Außenamts Vorschläge für eine gemeinsame Position erarbeiten. Konkret handle es sich um "Vorschläge an die Bundesregierung für eine gemeinsame Position für eine Reform der EU im Zuge des Brexit".

"Der Verkehrsminister erstellt einen Plan für die SPÖ, die Bundespartei für die ÖVP", hieß es in Anspielung auf das von Infrastrukturminister Jörg Leichtfried und Altbundeskanzler Franz Vranitzky zu erarbeitende Europa-Papier ("Plan E") der SPÖ. Dieses Konzept will auf aktuelle politische und wirtschaftliche Fragen im Zusammenhang mit der EU Antworten liefern. Erste Ergebnisse sollen Ende März oder Anfang April vorliegen.

"Unabhängig davon kommt das Europaministerium seiner Verantwortung laut Ministeriengesetz nach und bereitet den Vorsitz 2018 abgestimmt mit der Regierung vor", betont man im Außenministerium. Dazu gebe es eine Lenkungsgruppe zwischen dem Ministerium und dem Bundeskanzleramt sowie ein eigenes Exekutivsekretariat im Außenministerium für den österreichischen EU-Vorsitz im zweiten Halbjahr 2018.(APA, 16.3.2017)