Tiere in ihrem natürlichen Lebensraum zu sehen und zu erleben ist eine jener Reiseerfahrungen, die einem zuerst den Atem raubt und danach den Rest des Lebens eindrucksvoll in Erinnerung bleibt. Deswegen reise ich mit Freundin Victoria an die Yucatan-Halbinsel in die kleine Hafenstadt Chiquila. Mit einem mickrigen Fischerboot düsen wir wenige Minuten über das offene Meer auf die Insel Holbox.

Die länglich geformte Insel ist schon seit einigen Jahren ein Geheimtipp für Reisende, die die entspannte, mexikanische Gelassenheit und traumhafte Strände suchen sowie einige der tierischen Einwohner besichtigen möchten. Die großen Hotelburgen sind noch fern und die Anzahl an Touristen überschaubar und im Vergleich zu den berühmt-berüchtigten Hotspots Tulum und Cancun schwindend gering.

Foto: Max Leyerer

Eine seichte, an Blautönen vielfältige, kilometerlange Lagune erstreckt sich entlang der Nordseite und verleiht der Insel ein paradiesisches Flair. Wir waten stundenlang durch das Wasser, von Sandbank zu Sandbank, und erspähen eine Gruppe Flamingos in weiter Entfernung. Tiefentspannt leben sie in dieser Traumkulisse und fühlen sich selbst durch unseren Besuch nicht gestört.

Das Highlight – und der Hauptgrund für die höheren Besucherzahlen von Mai bis September –  sind zweifelsohne die Walhaie. Es gibt nur wenige Orte auf der Erde, an denen man mit den gepunkteten Riesen schwimmen kann. Neben Holbox sind zum Beispiel Dschibuti, Mosambik und die Philippinen ein temporäres Zuhause der Walhaie.

Aufs offene Meer hinaus

Kurz nach Sonnenaufgang starten wir in einer kleinen Gruppe unsere Bootsfahrt hinaus aufs Meer. Von Delfinen begleitet, begrüßen wir den Tag.

Nach ungefähr einer Stunde Fahrt ist das Festland nicht mehr zu sehen und das Meer wird rauer, die Überfahrt anstrengender. Die ersten Zweifel kommen auf, ob sich diese Tortur denn auszahlen würde. Doch diese Gedanken verfliegen, als die Sonne sich nach einer gefühlten Ewigkeit zeigt und wir nach drei Stunden am offenen Meer anhalten.

Delfine am Morgen.
Foto: Max Leyerer

Etwa 20 kleine Boote, angereist aus allen Himmelsrichtungen, manövrieren durch die teils hohen Wellen, in denen sich eine Gruppe Walhaie galant bewegt. Mit Taucherbrille und Schnorchel ausgerüstet geht jeweils ein Zweierteam mit dem Guide ins Wasser. Von den Menschen und den vielen Booten scheinbar ungestört, treiben die majestätischen Tiere sanft an der Meeresoberfläche und bieten uns die Möglichkeit, sie für eine kurze Zeit zu begleiten.

Mit Walhaien schwimmen

Victoria und ich sind als drittes Team an der Reihe. Mein erster Blick geht nach unten, in die endlose dunkelblaue Tiefe. Die Wellen sind hoch und unruhig, aber unter Wasser ist die Situation wie ausgewechselt. Wir schwimmen einige Meter als unser Guide nach rechts deutet. Ich erkenne nichts und suche in der Ferne nach einem Walhai. Dann spüre ich einen leichten Zug, drehe mich weiter nach rechts und ein gigantischer Walhai zieht unmittelbar neben mir vorbei. Ich erstarre vor Begeisterung. Ich will nicht auftauchen, muss aber. Ich hole schnell tief Luft und tauche wieder ab. Den Schnorchel habe ich in der Aufregung komplett vergessen.

Foto: Max Leyerer

Victoria und ich begleiten den Walhai einige Minuten bis er in den Weiten des Meeres verschwindet. Blitzartig zeigt unser Guide hinter mich. Mittlerweile mit Schnorchel gewappnet, tauche ich ab und erkenne einen weiteren Walhai in meine Richtung abtauchen.

Die Gelassenheit des Walhais und die Vertrautheit der Situation machen diesen Moment zu einer unglaublichen Erfahrung. Der Walhai kommt näher und gleitet in aller Seelenruhe knapp unter mir hindurch. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl.

Die lange Rückfahrt ist weitaus erträglicher. Selbst Stunden nachdem wir mit den Walhaien geschwommen sind, ist die Überwältigung in uns groß. Zurück auf der Insel bemerken wir erst, wie stolz die Bewohner von Holbox auf ihre tierischen Kompagnons sind. An vielen Häuserwänden sind die Tiere verewigt. 

Foto: Max Leyerer

Entspanntes Leben in Holbox

Die sandigen Straßen und Wege laden dazu ein, Tag und Nacht zwischen den bunten Restaurants und Bars zu spazieren und sich ganz der Gelassenheit hinzugeben. Wir laben uns am frischen Fisch und dem mexikanischen Bier und erkennen, dass die Isla Holbox der perfekte Mix aus träumerischem Paradies und Abenteuerinsel ist. Es ist ein Ort, so schön, so entspannt, man möchte einfach nur bleiben. (Max Leyerer, 20.3.2017)    

Foto: Max Leyerer