Brüssel – Nach Österreich hat die EU-Kommission auch Deutschland eine Absage in Hinblick auf die geforderte Anpassung der Familienbeihilfe für im EU-Ausland lebende Kinder an die Lebenskosten des jeweiligen Landes erteilt. EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen argumentierte in einem Brief an die deutsche Regierung, das würde "keine wesentliche Kosteneinsparung ergeben". Es käme aber "zu einem wesentlich höheren Verwaltungsaufwand", heißt es in dem Schreiben an die Minister Brigitte Zypries (Wirtschaft), Wolfgang Schäuble (Finanzen) und Andrea Nahles (Soziales).

Eine Analyse der von den Mitgliedsstaaten vorgelegten Zahlen durch die EU-Kommission habe ergeben, "dass die Ausgaben der Familienleistungen, die möglicherweise indexiert werden könnten, sich auf weniger als ein Prozent der jährlichen Gesamtausgaben an Familienleistungen in 28 Mitgliedsstaaten belaufen würden".

EU will Kürzungen nicht einführen

Die EU-Kommission habe nach sorgfältiger Überlegung beschlossen, eine solche Änderung nicht einzuführen. "Mobile Bürger werden daher weiterhin Familienleistungen von dem Mitgliedstaat, in dem sie arbeiten, erhalten, ohne jegliche Einschränkung oder Kürzung, wenn ihr Kind in einem anderen Mitgliedsstaat wohnt. Dadurch wird eine möglichst enge Verbindung zwischen den gezahlten Beiträgen und den erhaltenen Leistungen sichergestellt", schreibt Thyssen weiter.

Zwar habe eine Übereinkunft der Staats- und Regierungschefs für Großbritannien vor dem Brexit-Referendum die Möglichkeit der Indexierung von Familienleistungen vorgesehen. "Jedoch wurde diese Übereinkunft aufgrund des Ausgangs des britischen Referendums vom 23. Juni 2016 automatisch unwirksam. Deshalb ist die Indexierung von Familienleistungen auch nicht Bestandteil des Kommissionsvorschlags."

Keine Mehrheit im Rat

Die grüne Europaabgeordnete Monika Vana erklärte dazu, die EU-Kommission habe "erneut und äußerst deutlich klargestellt, dass es keine Indexierung der Familienbeihilfe geben wird. Auch im Rat findet sich bei weitem keine Mehrheit. Deshalb werden die fünf befürwortenden Länder Österreich, Deutschland, Vereinigtes Königreich, Niederlande und Dänemark mit ihrem Vorhaben auch nicht durchkommen."

"In einem gemeinsamen Europa darf es keine Kinder zweiter Klasse geben. Die Grundfreiheiten der EU müssen ganz besonders auch für Familien gelten, nicht nur für Konzerne", forderte Vana.

Auch die diesbezüglichen Pläne in Österreich sind von Seiten der EU-Kommission mehrfach kritisiert und abgelehnt worden. SPÖ und ÖVP reagieren trotzdem gelassen auf die Absage an Deutschland. Sowohl Kanzler Christian Kern (SPÖ) als auch Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) halten am Vorhaben fest. Am Freitag finden koalitionsinterne Verhandlungen statt. (APA, 16.3.2017)