Gewisse Gesundheitsleistungen sind je nach Sozialversicherungsträger in unterschiedlicher Form abgedeckt. Eine Zusammenlegung der Träger soll laut WKÖ auch die Leistungen vereinheitlichen.

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Wien – Selbe Beitragshöhe, verschiedene Leistungen: Das unübersichtliche System der Sozialversicherungen in Österreich macht's möglich. Bei Behandlungsformen und Krankengeld gibt es teils enorme Unterschiede – je nachdem wo man wohnt und welchem Beruf man nachgeht.

Spätestens seit Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) eine Effizienzstudie in Auftrag gegeben hat, die unter anderem eine Vereinheitlichung der Leistungen empfehlen könnte, wittern Kritiker politische Morgenluft. In den vergangenen Wochen haben beispielsweise schon die Industriellenvereinigung oder auch die Grünen ihre Modelle vorgestellt. Beide sehen in einer drastischen Reduzierung der Anzahl der SV-Träger den Schlüssel zur Angleichung der Leistungen. Nebenbei soll das auch helfen, Verwaltungskosten einzusparen.

Drastisches Stutzen

Ins gleiche Horn bläst die Wirtschaftskammer (WKÖ), die am Donnerstag ebenfalls einen entsprechenden Vorschlag vorgelegt hat. Dieser sieht ein "Fünf-Träger-Modell" vor: Statt einer Vielzahl an SV-Trägern (21 sind es, dazu kommen noch 15 sogenannte Krankenfürsorgeanstalten für Landes- und Gemeindebeamte) soll es in Zukunft nur mehr derer fünf geben.

Die neun Gebietskrankenkassen würden demnach zu einer einzigen Krankenkasse zusammengelegt, die aber neun Landesorganisationen hat. Damit würde die Steuerbarkeit der Krankenversicherung erhöht, die föderale Struktur aber erhalten bleiben. Die SVA der gewerblichen Wirtschaft und die SVB der Bauern sollen zu einem einzigen Träger für Selbstständige zusammengelegt werden. Erhalten bleiben sollen hingegen die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter sowie Pensionsversicherungsanstalt PVA und Unfallversicherungsanstalt AUVA.

Zehn Prozent weniger Verwaltungskosten

Das Schweizer Beratungsunternehmen C-Alm, auf dessen Expertise das Modell basiert, rechnet mit einem Einsparungspotenzial in der Verwaltung von zehn Prozent oder 152 Millionen Euro pro Jahr. Für WKÖ-Generalsekretärin Anna Maria Hochhauser wäre das "keine Revolution, sondern eine Evolution". So könne das Versicherungssystem für die Zukunft gesichert werden.

SVA, SVB und zwei weitere angesprochene Träger rüsten sich ihrerseits für die Debatte: Sie legten ein Gutachten der Verfassungsrechtler Theo Öhlinger und Konrad Lachmayer vor. Dem zufolge widersprechen weitere Fusionierungen der in der Verfassung verankerten Selbstverwaltung für einzelne Berufsgruppen.

"Politisch nicht durchsetzbar"

"Die Konsequenz einer Zusammenlegung wäre die Abschaffung der Selbstverwaltung und die Ersetzung durch einen staatlichen Gesundheitsdienst, finanziert aus dem allgemeinen Budget", sagte Öhlinger am Mittwoch vor Journalisten. Für eine Fusion müsste der Gesetzgeber demnach mit Verfassungsmehrheit die Selbstverwaltung abschaffen.

"Da hängt sehr viel dran, das wäre politisch nicht durchsetzbar", schränkte Öhlinger ein. Unter die Selbstverwaltung fallen nämlich auch die Kammern. Einen kleinen Spielraum für Zusammenlegungen sieht der Verfassungsexperte etwa bei Rechtsanwälten und Notaren. "Die Grenzen sind aber sehr schnell erreicht", so der Verfassungsexperte. Eine Trennung in unselbstständig und selbstständig Erwerbstätige wäre jedenfalls zu allgemein und widerspreche der Verfassung. (smo, APA, 16.3.2017)