Wien – In der Causa Österreichischer Integrationsfonds (ÖIF) hat die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vor rund einer Woche noch einmal einen Sachverständigen bestellt. In der Causa geht es um Immobilienverkäufe des staatlichen, zum Innenministerium ressortierenden Fonds. Dessen gesamter Haus- und Wohnungsbestand soll zwischen 2006 und 2011 an Nahestehende des ÖIF verkauft worden sein: um rund sechs Millionen Euro unter ihrem Verkehrswert.
Der Immobiliensachverständige muss nun den "möglichen Untreueschaden konkret eruieren", wie es die WKStA in ihrem Auftrag formuliert. Er muss "die Verkaufsvorgänge beurteilen", den Verkehrswert der Immobilien zum Verkaufszeitpunkt errechnen. In einem ersten Durchgang hatte der Wiener Gutachter eine "grobe Plausibilitätsprüfung" vorgenommen und war zum Schluss gekommen, die meisten Wohnungen seien "nicht marktkonform" vercheckt worden. Ein Beispiel: Ein Paket aus 110 Wiener Wohnungen hat der ÖIF um (insgesamt) 790.000 Euro losgeschlagen.
Verdachtsmomente
25 Wohnungen von jenen 33, die der Fonds einzeln – und nicht im Paket – verkauft hat, braucht der Gutachter nicht erneut zu prüfen, sie brachten laut Plausibilitätsprüfung marktkonforme Erlöse. Bei den restlichen acht Wohnungen liegen dagegen laut Justiz Verdachtsmomente vor: Sie wurden günstig von ÖIF-Nahestehenden erworben und von selbigen zum Teil rasch wieder weiterverkauft – erheblich teurer. DER STANDARD hat berichtet.
Der Untreueverdacht der Behörde richtet sich gegen acht Personen und fünf Unternehmen (gemäß Verbandsverantwortlichkeitsgesetz), nicht darunter ist der Integrationsfonds. Der Untreue beschuldigt ist der ÖIF-Geschäftsführer (ein Ex-ÖVP-Funktionär), unter dessen Ägide die Verkäufe erfolgt sind. Bei den ÖIF-Geschäftspartnern, bei denen die Immobilien zum Teil landeten, und anderen Involvierten geht es um den Vorwurf der Beihilfe zur Untreue. Zudem besteht der Verdacht, dass dem ÖIF-Kuratorium im Innenministerium, das über die Offerte entschieden hat, Scheinangebote vorgelegt wurden, um ihm vorzugaukeln, "dass der Verkaufsvorgang korrekt abgelaufen ist", wie es in der Anordnung zu Hausdurchsuchungen an 16 Standorten heißt. Die Razzien fanden im vorigen Dezember statt.
Vorwurf zurückgewiesen
Aufgeflogen ist die Angelegenheit durch Recherchen der Grün-Abgeordneten Gabriela Moser, sie erstattete 2013 Anzeige gegen unbekannt. Der Rechnungshof zerpflückte die Deals nach einer Prüfung im Jahr 2015.
Der Hauptverdächtige weist die Vorwürfe dem Vernehmen nach zurück, er hat Ende Jänner eine schriftliche Stellungnahme bei der WKStA abgegeben. Er war auch Chef des Wiener Stadterweiterungsfonds, auch da läuft ein Verfahren wegen Immobiliendeals. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung. (Renate Graber, 17.3.2017)