Der Kunde ist König. Vor allem, wenn er einige tausend Euro mitbringt. Ich weiß nicht, wann ein Mitarbeiter einer Firma zuletzt so freundlich zu mir war wie bei meinen Besuchen bei Banken. Wie ich denn 10.000 Euro anlegen könne, wollte ich wissen. Oh, nehmen Sie Platz, sagten die Berater. Darf es ein Kaffee sein? Und der Kugelschreiber, der gehört Ihnen! Doch Skepsis ist angebracht, wie sich herausstellen sollte.

Das ist der zweite Teil der Serie "Katsching", in der ich Ihnen Schritt für Schritt – unterstützt vom Rat unabhängiger Fachleute – erkläre, wie ich 10.000 Euro anlege. Lesen Sie hier Teil eins, in dem ich mich und mein Vorhaben vorstelle.

Zurück in die Bank. Ich hatte insgesamt drei Termine, einen bei der Bank Austria, zwei bei der Raiffeisen. Die Erste Bank hat unser Treffen verschwitzt. Dabei habe ich nicht erwähnt, dass ich Journalist bin. Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass man dann nämlich oft anders behandelt wird. Ich wollte von den Banken wissen, was sie normalen Kunden raten.

Die allgemeine Beratung war gut – ich habe sie nachher mit Konsumentenschützern und einer Vielzahl an Ökonomen diskutiert. Bei den konkreten Anlagetipps hakt es jedoch. Dazu später. Vier Regeln, die ich mir mitnehme.

  • Erstens muss mir klar sein, wann ich mein Geld wieder brauche. Benötige ich es vielleicht in ein, zwei Jahren doch wieder, kann ich es maximal am Sparbuch für diesen Zeitraum binden lassen und kriege nur minimal mehr. Wenn ich für zwei Jahre auf mein Geld verzichte, ist derzeit etwas über ein Prozent zu holen. Das habe ich für mich geklärt: In den nächsten acht bis zehn Jahren brauche ich die 10.000 Euro sicher nicht.
  • Zweitens sollte man immer einen Sicherheitspolster haben, falls unerwartete Ausgaben wie eine kaputte Waschmaschine auf einen zukommen. Fachleute raten zu drei Monatsgehältern. Das habe ich von Anfang an beachtet: Die 10.000 Euro sind das Geld, das mir bleibt, nachdem ich mir meinen Polster zurechtgelegt habe.
  • Drittens sollte man nicht sein ganzes Geld auf ein Pferd setzen. "Streuen" ist ein Wort, das hier ständig fällt. Nicht alles in eine Firma, ein Wertpapier, einen Rohstoff investieren. Wer ohne viel Aufwand Geld anlegen will, wie ich, und große Teile seines Ersparten in ein Papier steckt, ist kein Anleger, sondern ein Spekulant. Daran habe ich kein Interesse.
  • Viertens brauche ich Geduld und Ruhe, wenn ich nicht völlig ohne Risiko – und damit Zins – anlegen möchte. "Sie müssen auch schlafen können, wenn aus den 10.000 Euro für einige Zeit einmal 7.500 Euro werden", hat mir der Berater der Bank Austria gesagt. Es geht auf und ab, wenn man ein bisschen etwas verdienen will.

Das sind Leitsätze, die man sich merken sollte. Ich habe meinen Polster und zusätzlich Geld, das ich längerfristig veranlagen möchte. Was haben mir Banken geraten?

"Ein Bausparer ist für Sie nicht interessant", hat der Berater in der Bank Austria gesagt. Und damit hat er völlig recht. Man legt mit einem Bausparer über sechs Jahre hinweg laufend Geld an (kann aber auch gleich zu Beginn den vollen Betrag anlegen, danke für den Hinweis an den User Anton Glesch) und kriegt es dann wieder. Einziger Vorteil: Der Staat schenkt einem in dieser Variante im Jahr 1,5 Prozent für eine Anlage von bis zu 1.200 Euro. Das heißt, gefördert wird nur das Ansparen von bis zu 100 Euro im Monat. Am Ende des Jahres kriegt man maximal 18 Euro vom Staat. "Rechnet man die Gebühren weg, kommen Sie unter dem Strich auf ein halbes Prozent Zinsen", so der Berater.

Die Raiffeisen hat mir zu einer Lebensversicherung geraten. Damit kann man für den Fall seines eigenen Todes für die Familie vorsorgen oder es einfach zum Ansparen nutzen. Die laufen meistens recht lange, und man zahlt monatlich einen gewissen Betrag ein. Ich wusste schon vorher, dass dieser Ratschlag schlecht ist. Der Verein für Konsumenteninformation rät davon entschieden ab.

Lebensversicherungen haben per Gesetz strenge Auflagen, wie sie das Geld ihrer Kunden veranlagen dürfen, heißt es beim Verein für Konsumenteninformation (VKI). Sie sind im Moment quasi dazu gezwungen, Verluste zu schreiben. Denn sie legen Geld schlecht an und verlangen noch dazu hohe Gebühren. "Damit hätten Sie, auch als es noch höhere Zinsen gab, an Kaufkraft verloren", sagt Walter Hager vom VKI. Also nein, danke.

Ein Gemüsehändler ist vielleicht ein guter Gesprächspartner, aber kein objektiver Berater. Bei Banken ist es ähnlich.
Foto: Robert Newald

Zur Erinnerung: In diesem Blog schreibe ich über mich. Eine Lebensversicherung oder ein Bausparer kann durchaus Sinn machen. Nur eben nicht für mich, für meine Situation. Beachten Sie das bitte immer beim Lesen meiner Beiträge.

Aber warum rät mir eine Bank zu etwas, das eigentlich nicht gut für mich ist? Ich erinnere mich an ein Telefonat mit Franz Hahn, das ich vor einiger Zeit geführt habe. Hahn ist ein kluger Ökonom, der Jahrzehnte beim Wifo gearbeitet hat und den ich beruflich schon länger kenne. "Die Banken wollen in erster Linie Geld verdienen", sagt er. Alle Produkte, die mir Bank Austria und Raiffeisen gezeigt haben, waren ihre eigenen. Sind sie auch die besten? "Bei der Bank erhalten Sie schlicht keine objektive Beratungsleistung", sagt Hahn.

Die Bank will Geld verdienen. Wenn ich 20 Jahre in eine Lebensversicherung einzahle, hat mich die Bank auf lange Zeit als Kunden und kann laufend Gebühren verlangen. Hahn hält es für fragwürdig, dass Banken gleichzeitig Berater und Verkäufer sind. Es ist wie am Obststand: Der Verkäufer will seine Äpfel loswerden. Glaube ich ihm wirklich, wenn er mir von den besten Äpfel Wiens erzählt?

Die Banken haben mir auch empfohlen, in Anleihen zu investieren. Was das überhaupt ist und warum es für mich derzeit wahrscheinlich besser ist, keine zu kaufen, darüber schreibe ich im nächsten Beitrag. Sie finden ihn hier. Da geht es auch darum, dass die für mich besten Äpfel Wiens auf gar keinem konventionellen Gemüsestand zu erwerben sind. Trotzdem sind sie alles andere als schwer zu finden.

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