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Der britische Sänger Ed Sheeran (26) startet ausverkaufte Welttournee.

Foto: Jordan Strauss/AP

Wenn es denn in der Popmusik um Alleinstellungsmerkmale gehen sollte, dann hat Ed Sheeran die seinen gut versteckt. Unter seinen schlabbrigen T-Shirts und Kapuzenpullis verbirgt sich mittlerweile ein tätowierter Oberkörper, gegen den sich die Werbeaufnäher auf dem Overall eines Formel-1-Fahrers oder Mitglieds des ÖSV-Kaders wie aktuelle Statements aus dem Genre der Minimal-Art ausmachen.

An der Musik allein kann der sagenhafte Welterfolg des 26-jährigen Briten ohnehin nicht festgemacht werden. "Shape of You und Castle on the Hill", zwei Lieder seines aktuellen, Anfang März erschienenen dritten Albums "Divide", schossen zwar in 120 Ländern von null auf Platz eins und zwei der Verkaufshitparaden. Und allein in Großbritannien verkaufte sich das Album in der ersten Woche rekordverdächtige 672.000 Mal. Allerdings klingt die milde Mischung sämtlicher gegenwärtiger Konsensstile alles andere als unmittelbar zwingend.

Ed Sheeran

"The club isn't the best place to find a love / So the bar is where I go", heißt es im heiter bis wolkig klingenden Calypso-Pop "Shape of You": Britische Arbeiterklassen-Hemdsärmeligkeit und Mitgrölbereitschaft beim Liedgut aus der Jukebox trifft am Wochenende im Pub um die Ecke auf die neuesten Errungenschaften aus der Boyband-Forschung im Zeichen von R'n'B. Dem Ganzen wird zwecks Erdung im Authentischen noch ein ordentlicher Schuss Lagerfeuer-Romantik beigefügt.

Wohlfühlfaktor

Im Zweifel bestreitet der (Achtung!) ledige Sänger mit der wirren roten Pumuckl-Haarpracht irgendwo im Niemandsland zwischen nasalem Beben, Kreidefressen und burschikosem Gehabe im Stile Rod Stewarts oder Bryan Adams' seine Konzerte auch allein mit seiner Westerngitarre.

Das ist "authentisch" und entspricht der Suche des Publikums nach dem Wohlfühlfaktor in einer immer lauteren und aggressiveren Welt. An den Schultern dieses verständnisvollen Kumpeltyps kann man sich auch einmal so richtig gehenlassen, wenn man gerade einmal nicht allein in sein Bier heulen will.

Inhaltlich geht es neben Lobliedern auf die Oma ("Nancy Mulligan") und die Familie ("Supermarket Flowers") natürlich mit schönen Melodien und weit ausholenden Refrains um die Liebe, das positive Denken und die Weltumarmung. Böse Menschen behaupten, Ed Sheeran sei der Erfinder des "Schnarch-Pop". Robbie Williams sagt, Ed Sheeran sei der Tom Hanks der Popmusik. (Christian Schachinger, 17.3.2017)