Wien – Der Hollywood-Blockbuster "The Infiltrator" erzählt, wie der internationale Kampf gegen Geldwäsche begonnen hat. Der auf wahren Begebenheiten beruhende Streifen aus dem Jahr 2016 zeigt, wie die Polizei in Florida in den 1980er-Jahren vergeblich versucht, gegen Drogenbosse vorzugehen. Erst als die Beamten nicht mehr der Spur des Produktes, dem Kokain, sondern der Spur des Geldes folgen, gelingt ihnen der entscheidende Schlag gegen den kolumbianischen Drogenhändler Pablo Escobar.

Folge dem Geld: Das ist heute die wichtigste Formel im Kampf gegen Geldwäsche. Doch ein neuer Skandal rund um Milliardenzahlungen aus dubiosen russischen Quellen wirft die Fragen auf, ob die alte Maxime auch heute noch ausreichend ist.

Mehr als 20 Milliarden US-Dollar sollen zwischen 2010 und 2014 aus Russland über britische Scheinfirmen in die EU geflossen sein. Behilflich waren eine moldawische und eine lettische Bank (siehe Grafik).

Grafik: Standard

Ein großer Teil des Geldes soll aus illegalen Geschäften stammen, berichteten die "Süddeutsche Zeitung" und andere Medien am Dienstag. Eine anonyme Quelle hatte dem Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP), einem Netzwerk investigativer Journalisten, Daten zu den russischen Transaktionen zugespielt.

Die Art und Weise, wie die Transaktionen durchgeführt worden sind, deutet laut vom STANDARD befragten Experten darauf hin, dass tatsächlich ein Geldwäschenetzwerk vom OCCRP aufgedeckt wurde. Niemand errichte britische Briefkastenfirmen und nutze moldawische Banken, um Geld hin und her zu schicken, außer um Mittel reinzuwaschen, sagt ein österreichischer Behördenvertreter. Der Geldwäscheexperte Rainer Brandl von der Linzer Kanzlei Leitner & Leitner deutet die Sache genauso.

Eine andere Frage ist, ob auch die westlichen Geschäftspartner wussten, welche Gelder sie da entgegennehmen. Mit dem in die EU geschleusten Geld sollen die russischen Oligarchen und Geschäftsleute nämlich diverse Luxusartikel wie Designermode, aber auch Maschinen und Lebensmittel gekauft haben. Deshalb tauchen in der Recherche des OCCRP eine Reihe europäischer Unternehmen auf.

Wann Nachschaupflichten gelten

Etwa 4,1 Millionen Euro sollen laut der Rechercheplattform "dossier.at" aus russischen Quellen nach Österreich geflossen sein. Die größte Summe ging an ein Unternehmen aus St. Johann im Tirol: die Frivent GmbH.

Die Firma stellt Lüftungsanlagen und Klimageräte her. Sie ist in Russland aktiv, in Moskau etwa hat Frivent nach eigenen Angaben die Klimatisierung des weltgrößten Delphinariums gebaut. Die Frivent-Geschäftsführung war für den STANDARD am Mittwoch nicht erreichbar.

Vieles deutet darauf hin, dass Unternehmen wie Frivent nichts falsch gemacht haben. In der EU gelten strenge Regeln im Kampf gegen Geldwäsche. Doch nur Kreditinstitute – nach dem Motto folge dem Geld – und Juweliere sind verpflichtet genau zu prüfen, mit wem sie Geschäfte machen. Andere Unternehmen treffen solche Pflichten laut EU-Vorgaben nur dann, wenn sie Barzahlungen über 15.000 Euro annehmen.

Grüne fordern schärfere Regeln

Die deutschen Grünen im EU-Parlament forderten am Mittwoch eine Verschärfung der Regeln. Auch klassischen Unternehmen sollen stärkere Prüfpflichten auferlegt werden. Attac forderte zeitgleich mehr Transparenz, um Briefkastenfirmen durchleuchten zu können. Allein auf Banken und Finanzströme zu achten reicht demnach also nicht aus.

Was die Banken betrifft, sind die Behörden bereits aktiv geworden. Besonders viel Geld aus russischen Quellen entgegengenommen haben britische Institute wie HSBC und Barclays. Antigeldwäscheermittler in London wollen nun prüfen, ob die Kreditinstitute korrekt gehandelt haben. (szi, 21.3.2017)