Berlin/Wien – Der deutsche Presserat hat neue Regel für die Berichterstattung über die Herkunft von Straftätern und Verdächtigten in seinen Kodex aufgenommen. O-Ton: "Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse." Der deutsche Presserat folgt damit dem österreichischen Beispiel, heißt es beim österreichischen Selbstkontrollorgan.

Im Wortlaut

Die komplette neue Passage in Punkt 12 des deutschen Kodex ("Diskriminierungen") lautet so:

"Richtlinie 12.1 – Berichterstattung über Straftaten (gültig ab 22.03.2017)In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte."

Österreichs Regel angeglichen

"Die deutschen Kollegen haben sich damit mehr oder weniger unserer Regel angeglichen", erklärt Alexander Warzilek, Geschäftsführer des österreichischen Presserats, auf STANDARD-Anfrage: "Bei uns gilt seit jeher: Die bloße Nennung der Herkunft eines Täters ist kein Ethikverstoß, die Nennung liegt im Ermessen des Journalisten/der Journalistin. Unsere Senate empfehlen jedoch, bei der Entscheidung zu überlegen, ob die Nennung der Herkunft für das Verständnis der Leserinnen und Leser erforderlich beziehungsweise für die Tat relevant ist."

Checkliste des österreichischen Presserats

Der österreichische Presserat veröffentlichte Ende 2016 eine "Checkliste" über "verantwortungsvollen Journalismus in der Flüchtlingsberichterstattung". Dort heißt es zum Thema etwa: "Die bloße Nennung der Herkunft eines (mutmaßlich) straffällig gewordenen Ausländers/Asylwerbers/Migranten ist nach der gängigen Praxis der Senate des Presserats kein Ethikverstoß. Dennoch sollten Journalisten abwägen, ob es im konkreten Fall für das Verständnis der Leserinnen und Leser erforderlich ist, die Herkunft anzuführen." (red, 23.3.2017)