Eine Brustkrebszelle während der Teilung. Für diese Tumorart existieren zwar einige Risikofaktoren, was den Krebs aber letztlich auslöst, ist unklar. Möglicherweise sind auch hier vor allem Spontanmutationen hauptverantwortlich.

Foto: National Cancer Institute \ Univ. of Pittsburgh Cancer Institute

Baltimore/Wien – Krebs steht in den meisten Industrieländern nach Herz-Kreislauferkrankungen an zweiter Stelle der häufigsten Todesursachen. In Österreich werden laut jüngsten Erhebungen pro Jahr rund 39.000 Neuerkrankungen diagnostiziert, Männer sind dabei etwas häufiger betroffen als Frauen. Die Mutationen, die letztlich zur Entwicklung von Tumoren führen, werden traditionell in zwei Ursachen-Kategorien unterteilt: Vererbte Genveränderungen und Umwelteinflüsse. Zu letzteren zählen etwa auch das Rauchen, bestimmte chemische Substanzen oder die UV-B-Strahlung der Sonne.

Nun aber zeigt sich, dass eine bisher weniger beachtete dritte Ursache in vielen Fällen womöglich die Hauptrolle bei der Entstehung von Krebs spielen dürfte: Zufallsmutationen. Ein Team um Cristian Tomasetti und Bert Vogelstein vom Johns Hopkins Kimmel Cancer Center in Baltimore im US-Bundesstaat Maryland stellte fest, dass bei annähernd zwei Dritteln der von ihnen untersuchten 32 Tumortypen zufällige Genfehler während der Teilung von gesunden Zellen einer Krebserkrankung zugrunde lagen.

Erhärtet wird dieser Befund von einer weiteren Analyse, für die sich die Wissenschafter Untersuchungsdaten aus insgesamt 423 internationalen Krebsdatenbanken in 69 Ländern vornahmen. Wie sie nun im Fachjournal Science berichten, fanden Tomasetti und Vogelstein eine starke Korrelation zwischen Tumorbildung und der Teilungsrate von Stammzellen im jeweiligen Gewebe, und zwar unabhängig von den vorherrschenden Umweltbedingungen.

Wichtige Früherkennung

Nach Ansicht der Wissenschafter unterstreichen ihre Resultate die Notwendigkeit, sekundären Präventionmaßnahmen bei Krebserkrankungen, also der Früherkennung und einem frühzeitigen Therapiebeginn, künftig noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Das sei insbesondere bei jenen Tumoren essenziell, die fast ausschließlich auf zufällige Spontanmutationen zurückgehen (wie etwa Prostatakarzinome), denn dort wäre sekundäre Prävention ohnehin die einzige Option.

Die Forscher betonen überdies, dass ihre Ergebnisse nicht im Widerspruch zu bisherigen epidemiologischen Untersuchungen zu Krebsarten – etwa Lungen- oder Hautkrebs – stehen, deren Ausbruch durch entsprechende Maßnahmen potenziell verhindert werden kann. (tberg, 23.3.2017)