Neben einigen anderen Problemen hat Österreich ein Inländerproblem: das Duo Sobotka/Kurz. Dessen Wurzeln liegen weniger, wie eifrig vorgeschoben wird, in Ausländern, sondern in dem vom Salzburger Landeshauptmann neulich wieder einmal in Erinnerung gerufenen Umstand absehbarer Neuwahlen – ob nun früher oder ein wenig später. Da sich bisher noch niemand gefunden hat, der die Verantwortung für vorzeitig vom Zaun gebrochene Wahlen übernehmen will, singt man offiziell das Hohe Lied des Aussitzens, harthörig für die Misstöne des Regierungsalltags, als dessen Hervorbringer sich die beiden Genannten in besonderem Maße zu profilieren suchen, gleichgültig, ob der Schaden, den sie für das Land anrichten, nicht größer ist, als der Nutzen, den sie ihrer Partei bescheren.

Egal, ob im Herbst 2017 oder im Herbst 2018 gewählt wird, die Themen Ausländer und Sicherheit können im Wahlkampf eine entscheidende Rolle spielen, wenn die SPÖ es in faulen Kompromissen zulässt und der angeblich zum Schutz der Demokratie als unabdingbar hingestellten Beschneidung demokratischer Grundrechte und Freiheiten durch den Innenminister nicht in den Arm fällt. Sobotka möchte im längst brodelnden Wahlkampf das Sicherheitsbedürfnis der Wählerinnen und Wähler bedienen, indem er Ängste schürt, um sich als den Retter mit dem trotzigen Kinn darzustellen. Dumm, dass Erdogan ihm dabei nicht hilft, indem er einen Besuch in Österreich ankündigt.

Der Außenminister wittert seine Chance in Attacken auf die deutsche Bundeskanzlerin und in der Kürzung der Familienbeihilfe für EU-Ausländer in Österreich. Auch hier gilt: Ob der materielle Schaden, den er damit anrichtet – von anderen Schäden abgesehen –, für Österreich nicht größer ausfallen könnte als die Ersparnis, interessiert nicht, wenn es nur im Wahlkampf nutzt. Dass Rechts- und Verfassungsexperten das Treiben der beiden mit größter Skepsis verfolgen, wenn sie sich nicht mit Grausen abwenden – egal.

Das alles zeugt von einer Weitsicht, die nur bis zum Wahltag reicht, gleich, wann er kommt. Aber keinen Tag darüber hinaus, obwohl gerade das von einiger Bedeutung wäre, wenn man davon ausgeht, dass mit Sicherheit keine Partei allein regieren wird und möglicherweise nicht einmal zwei Parteien eine Mehrheit im Nationalrat zustande bringen. Und so wie bisher soll es ja nach übereinstimmender Meinung auch nicht weitergehen. Der Traum einer Koalition von Schwarz und Blau, der in der Volkspartei zweifellos von etlichen geträumt wird, setzte voraus, dass die hektischen Aktivitäten des ins Geniale gelobten Außenministers die ÖVP die Freiheitlichen überholen ließe. Bisher hat das nicht funktioniert. Da Strache schon erklärt hat, mit der FPÖ als stärkerer Partei in einer Koalition nicht auf den Kanzler zu verzichten, sieht es für Kurz nicht so rosig aus, wie der Boulevard schwärmt. Und Vizekanzler unter Strache in einem Jahr, in dem Österreich den EU-Vorsitz führt, dürfte kaum sein Traum sein.

Statt zu viel über den Wahltermin nach-, sollte man besser mehr über den Wahltag hinausdenken. Es könnte dem Ruf Österreichs als humaner Demokratie nur nützen. (Günter Traxler, 23.3.2017)