Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) hat via ORF-Radio einen neuen Vorstoß in Sachen Mietrecht gewagt. Ihm schwebt ein mehrere Punkte umfassendes Programm vor, das er jetzt mit dem Justizminister verhandeln will. "Mieten sollen wieder leistbar werden. Gerade im freien Markt sind die Mieten deutlich stärker angestiegen als die Löhne", so der Minister.

Laut Ö1 beinhaltet das Programm unter anderem folgende Punkte: keine Maklerprovision mehr für Mieter, Zuschläge zu Richtwertmieten begrenzen, Erhaltungspflichten für Vermieter klarer regeln, Grundsteuer sowie Verwaltungs- und Versicherungskosten nicht mehr auf die Mieter (via Betriebskosten) überwälzen, und die Mietvertragsgebühr soll entfallen.

Bautensprecher sind dran

Es soll bereits eine "sehr konstruktive" Sitzung gegeben haben, jetzt seien die Bautensprecher am Wort, so Drozda. Eingebunden waren die Bautensprecher in die Sitzung offenbar nicht. Wohlgemerkt: jene Bautensprecher, die schon seit geraumer Zeit mal mehr, mal weniger intensiv an der Neugestaltung des Mietrechts dran sind.

"Verhandlungen finden am Arbeitstisch und nicht am Balkon statt", ließ auch gleich VP-Bautensprecher Johann Singer geharnischt per Presseaussendung verlautbaren. "Auch die ÖVP bekennt sich zu einem sozialpolitischen Ziel und zu entsprechenden Maßnahmen, die leistbares Wohnen sichern. Wir wollen das aber bewusst nicht über die Medien verhandeln." Er erwarte sich "Ergebnisse und nicht Ankündigungen".

Auch SP-Bautensprecherin Ruth Becher verweist auf ohnehin laufende Verhandlungen, in neue Gespräche gehe man aber jedenfalls "ergebnisoffen". Becher hat im vergangenen Sommer (im Alleingang) einen "Zwischenstand" der Verhandlungen mit der ÖVP präsentiert. Damals hieß es, in manchen Punkten stehe man schon kurz vor einer Einigung.

Reform "bis Mitte Mai"

Diese Punkte sind es wohl auch, die Drozda bei seiner "bis Mitte Mai" geplanten Reform im Auge hat: die Abschaffung der Mietvertragsgebühr etwa oder die Reform des Betriebskostenkatalogs. Diese beiden Punkte sind im aktuellen Regierungsprogramm aus dem Jahr 2013 schon aufgezählt – man müsste sie nur endlich einmal umsetzen.

Bei einem entscheidenden Punkt gab es aber bisher zwischen SPÖ und ÖVP nicht einmal eine Annäherung: nämlich bei der dringend notwendigen Vereinheitlichung des Mietrechts. Bekanntlich sind freifinanziert errichtete Wohnungen in Nachkriegsbauten überhaupt nicht preisreguliert, Drozda nannte das gegenüber Ö1 völlig zu Recht "absurd". Wohnungen in Häusern aus den 1960er- oder 1970er-Jahren mit abenteuerlich schlechten Energiewerten können derzeit zu – für Wiener Verhältnisse – horrenden Preisen vermietet werden. Auf drei Jahre befristet, ohne Befristungsabschlag.

"Wirtschaftsliberaler Korridor" kommt vorerst nicht

Diese Baustelle ist natürlich längst bekannt, und sie wird von Tag zu Tag, mit jeder weiteren entstehenden freifinanzierten Miet- beziehungsweise Vorsorgewohnung dringender. Denn das Segment der freifinanzierten Neubauwohnungen, die zu Marktmieten vermietet werden können, wächst derzeit stärker als jenes der preisgedeckelten Wohnungen.

In dieser Causa spießt es sich aber gewaltig. Die SPÖ schlug schon 2014 einen "wirtschaftsliberalen Korridor" von 20 Jahren vor; in dieser Zeit soll die Miete frei vereinbart werden können, später sollen diese Gebäude unter irgendeine Preisregulierung fallen. Bei den 20 Jahren zeigte sich die SPÖ im Vorjahr verhandlungsbereit. Die ÖVP lehnte hier bisher aber jeden Eingriff ab.

So wie auch bei den Maklerprovisionen. 2010 wurde die von Mietern maximal zu zahlende Provision von drei auf zwei Bruttomonatsmieten reduziert. Damals nannte der in dieser Causa zuständige Wirtschaftsminister das als "Zwischenschritt" zur reinen Auftraggeberprovision, rückte später aber wieder davon ab. Wiens Maklerobmann Michael Pisecky warnte jüngst vor diesem Schritt und sagte, man solle zunächst die Erfahrungen mit dem Bestellerprinzip in Deutschland abwarten. Dort zahlt seit dem Vorjahr jener den Makler, der ihn beauftragt. (Martin Putschögl, 24.3.2017)