Wien – Mehrere Sitzgelegenheiten vor dem Wiener Westbahnhof wurden abmontiert. Die Bänke und Tische zwischen dem Hauptgebäude und dem "Blauen Haus" seien in einer "Nacht-und-Nebel-Aktion" entfernt worden, "um Obdachlose zu vertreiben", vermuten Birgit Hebein, die Sozialsprecherin der Wiener Grünen, und Christian Tesar, der Klubobmann der Grünen im Anrainerbezirk Rudolfsheim-Fünfhaus, in einer am Freitag veröffentlichten Aussendung.

In einem offenen Brief an Andreas Matthä, den Vorstandsvorsitzenden der ÖBB-Holding, fragt Hebein, ob damit Menschen ferngehalten werden sollen, die nach Ansicht der ÖBB "'das Stadtbild stören', die das Bild vermitteln, keiner geregelten Arbeit nachzugehen, die irgendwie 'ausländisch' oder gar diffus bedrohlich aussehen und möglicherweise nicht allzu gut riechen, weil sie notgedrungen nur selten duschen und sich kein Deo aus der Parfümerie leisten können".

Wie ÖBB-Sprecher Roman Hahslinger in einem "Kurier"-Bericht zitiert wird, gehe die Maßnahme teilweise tatsächlich auf Kundenbeschwerden zurück: "Es gab Gruppen, die teilweise den ganzen Tag hier gesessen sind. Sie haben die Zu- und Abgänge blockiert." Ein weiterer Grund sei allerdings der generell geplante Umbau des Platzes, den auch die Ansiedlung einer Filiale des Möbelhauses Ikea bedinge.

Skaterhindernis und Gabenzaun

Der Westbahnhof war zuletzt in Verruf geraten, weil er mehrfach zum Schauplatz von Konflikten und Handgreiflichkeiten unter Jugendlichen geworden war. Wie Hahslinger zum STANDARD sagte, habe sich die Situation zuletzt aber "sehr entspannt".

Bereits in der Vergangenheit haben Maßnahmen gegen die Präsenz von Obdachlosen im öffentlichen Raum in Österreich und international Kritik erregt. In Innsbruck ließ die Stadt Sitzgelegenheiten abmontieren; im Vorjahr auf Sitzbänken in Wien angebrachte Querverstrebungen, die die Vermutung aufkommen ließen, sie sollten Personen vom Hinlegen abhalten, wurden von den Behörden als Aufstehhilfen für Senioren oder Hindernis für Skater argumentiert.

In Frankreich wurden Sitzgelegenheiten eingezäunt, und ein ebenfalls zur Vergrämung Obdachloser am Hamburger Hauptbahnhof installiertes Gitter machten Bewohner kürzlich zum "Gabenzaun", an den sie seit einigen Wochen Sackerl mit Sachspenden hängen. (mcmt, 24.3.2017)