John Benson mit zweien seiner Studienobjekte, die noch ganz am Anfang ihrer Karriere als Jäger stehen.

Foto: John Benson

Lincoln – Wo der Wolf verschwunden ist, wird Platz für seine kleineren Cousins frei: In Europa ist es der Goldschakal (Canis aureus), der seit einigen Jahrzehnten sein ehemals auf den Süden Asiens beschränktes Verbreitungsgebiet immer weiter nach Westen ausdehnt. Längst ist er in Mitteleuropa angekommen – auch in Österreich.

In Nordamerika hingegen hat der Kojote (Canis latrans) in wolflosen Regionen die Spitze der Nahrungspyramide erklommen. Das gilt insbesondere für die von Europäern schon lange und dicht besiedelte Ostküste des Kontinents, wo der Wolf jahrhundertelange erbarmungslos bejagt wurde.

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Der Kojote mag wie ein kleiner Wolf aussehen, aber auch geringfügige Unterschiede können sich auswirken.
Foto: AP Photo/The Albuquerque Journal, Roberto E. Rosales

Ein vollwertiger Ersatz ist der Kojote allerdings nicht, berichten Forscher um John Benson von der University of Nebraska-Lincoln im Fachjournal "Ecological Applications": Er kann oder will nicht die gleiche ökologische Nische einnehmen. Während Wölfe vor allem Jagd auf Hirsche und andere Huftiere machten, konzentrieren sich Kojoten lieber auf Beute, die kleiner ist als sie – oder gleich auf Abfall aus menschlichen Siedlungen. Sie sind zwar sogar zur Jagd auf Elche fähig, tun dies aber sehr viel seltener als Wölfe.

Zu seinem Befund kam Benson, indem er zehn Wolfsrudel in der kanadischen Provinz Ontario, wo es noch größere Populationen der Spezies gibt, per GPS-Tracker verfolgte. Zum Vergleich wurden acht Rudel von Kojoten in derselben Region auf die gleiche Weise studiert.

Weniger starr, weniger stabil

Das im Vergleich zu Wölfen flexiblere Verhalten gehört zum Erfolgsrezept, das den Kojoten in den vergangenen Jahrzehnten – trotz ständig dichter werdender menschlicher Besiedlung – sogar eine Ausweitung ihres Verbreitungsgebiets ermöglicht hat.

Allerdings sieht Benson darin auch ein potenzielles Problem. Wölfe sind so stark an Elche oder Weißwedelhirsche gebunden, dass ihre Populationen mit denen ihrer Beute annähernd im Gleichtakt wachsen oder schrumpfen. Kojoten hingegen können viel leichter auf ganz andere Beute ausweichen, wenn beispielsweise der Hirschbestand schwindet. Das kann sich destabilisierend auf die unteren Ebenen der Nahrungspyramide auswirken und zu einem erratischen Auf und Ab in den Populationen kleinerer Tiere führen. (red, 27. 3. 2017)