Erwin Pröll tritt als Chef der Landespartei ab. Das Amt als Landeshauptmann wird er am 19. April an Johanna Mikl-Leitner übergeben.

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St. Pölten – Wie packt man ein Vierteljahrhundert in eine einstündige Rede? Diese Frage hat sich Erwin Pröll vor Freitag, vor dem Auftakt zum 45. ordentlichen Parteitag der ÖVP Niederösterreich, wohl intensiv gestellt. Da hieß es Abschied nehmen vom Amt des Landesparteichefs.

Pröll begann mit den Worten, mit denen er am 4. April 1992 seine erste Rede vor der Partei begonnen hatte. "Hoher Landesparteitag, liebe Freunde", sagte Pröll. Er habe sich damals um das Vertrauen der Versammelten bemüht. Nun gehe es ihm darum, sich für das Vertrauen zu bedanken.

Fünf Landtagswahlen wurden in der Zeit geschlagen – die letzten drei mit absoluter Stimmenmehrheit für die ÖVP. Die Welt, das Land habe sich seit 1992 "Gott sei Dank" verändert. Niederösterreich sei vom Rand der freien Welt in die Mitte gerückt. Man habe "das Zukunftsland Niederösterreich gezeichnet", sagte Pröll. Attraktiv, einladend und weltoffen sollte es werden. Dieses Bild habe Gestalt angenommen, sei aber noch nicht fertig.

Kritik an Flughafenurteil

Was ihm Sorge bereite: Wer "heute ein Infrastrukturprojekt angeht, der braucht einen langen Atem", sagte Pröll. Und wenn Projekte wie die dritte Piste am Flughafen Wien-Schwechat von Richtern blockiert würden, blockiere das die Zukunft. Zu seiner Kulturpolitik, die oft für Aufsehen gesorgt hatte, sagte Pröll, dass er Kunst und Kultur als "Humus der Kreativität" betrachte.

Das Selbstbewusstsein, das Niederösterreich an den Tag lege, gefalle nicht allen. "Vor allem nicht den Zentralisten", sagte Pröll, der auch stolz an die Einrichtung des Krebsbehandlungszentrums Medaustron vor zehn Jahren erinnerte.

Der 70-Jährige dankte "dem Herrgott", dem Bauernbund, der ihm den politischen Weg ermöglicht habe, den Anwesenden und seiner Familie. Seiner – sichtlich gerührten – Nachfolgerin "Hanni" Mikl-Leitner streute Pröll Rosen. Mit ihr sei man "exzellent aufgestellt". Er bat "inständig" darum, dass seine Partei "ab morgen mit ihr" sein möge. Als Pröll die Landeshymne zitierte, versagte ihm beinahe die Stimme. "Oh Heimat, dich zu lieben, getreu in Glück und Not", das sei nicht nur eine gesungene Hymne – sein Herz werde immer dem Land gehören. Als die Anwesenden ihn einstimmig zum Ehren-Landesparteiobmann wählten, konnte Pröll die Tränen nicht mehr zurückhalten.

Des Applauses der 427 Delegierten und 500 Gastdelegierten konnte er sich sicher sein. Mit dabei waren auch Innenminister Wolfgang Sobotka, Finanzminister Hans Jörg Schelling, Justizminister Wolfgang Brandstetter und Staatssekretär Harald Mahrer sowie viele Vertreter anderer ÖVP-Landesparteien, etwa Landeshauptmann Josef Pühringer, der Bünde und Kammern.

Der Landesparteitag geht am Samstag weiter mit der Wahl Mikl-Leitners. Am 19. April erfolgt dann der Wechsel an der Landesspitze und Niederösterreich erhält erstmals eine Landeshauptfrau. Damit geht die Führung vom Bauernbund an den ÖAAB. Umso spannender ist, wie viel Zustimmung Mikl-Leitner am Samstag erhält. Pröll hatte zu Beginn 83,9 Prozent bekommen, zuletzt 98 Prozent.

Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner hatte vor Prölls Rede in Richtung der politischen Mitbewerber im Land ausgeteilt: Der SPÖ konstatierte er Personalprobleme. Die Grünen seien eine "Verbotspartei" geworden. Die FPÖ müsse sich mit Gemeinderäten herumschlagen, die sich im Internet in der Wortwahl vergriffen.

Kritik an Pröll verdeutlichten beim Veranstaltungszentrum nur eine Handvoll Vertreter der Sozialistischen Jugend: Sie hielten am Parkplatz ein Plakat in Geldscheinoptik mit Pröll-Konterfei. Die Botschaft: "Die Intransparenz und die Autokratie eines Erwin Pröll haben im 21. Jahrhundert nichts mehr verloren, wir wünschen uns von Mikl-Leitner, dass Licht ins Dunkel der Privatstiftung kommt." (Gudrun Springer, 24.3.2017)