Es ist eine Zäsur in einer Republik, in der die Landeshauptleute seit Jahrzehnten die Politik entscheidend bestimmen. Gleich zwei der mächtigsten Männer des Landes treten zurück. Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll vollzieht an diesem Wochenende den ersten Schritt seines Rückzugs, sein oberösterreichischer Kollege Josef Pühringer tut es ihm im April gleich. "Verantwortungsvolles Handeln verlangt auch, die Verantwortung zeitgerecht zu übergeben", sagte Erwin Pröll, als er seine Pläne am 17. Jänner bekanntgab – wobei 24 Jahre im Amt das Zeitgefühl verändert haben dürften. Pühringer geht nach 21 Jahren.

Bleibt nur noch Michael Häupl, der nach 22 Jahren im Amt mit 67 Jahren gegen die Politpension und Rücktrittsforderungen ankämpft. Er verweigerte am ersten Tag der SPÖ-Klubklausur eine Debatte um seine Nachfolge, im April will er wieder als Wiener Parteichef kandidieren, kündigte er am Freitag an. Und: Er will die Landespartei fit für die Nationalratswahl machen und die Vorbereitungsarbeiten für den Wahlkampf "bis zum Sommer abgeschlossen haben"- was auf baldige Neuwahlen schließen lässt.

Die Frage ist, ob Häupl noch als Hilfe oder bereits als Hypothek angesehen wird. Die Bundespartei braucht die Wiener SPÖ, will sie bei einer Nationalratswahl Platz eins verteidigen. 2015 hat Häupl mit einem engagierten und gegen Heinz-Christian Strache gerichteten Wahlkampf 39,6 Prozent geholt und besser als erwartet abgeschnitten.

Dass Häupl in den vergangenen Wochen offen zum Rücktritt aufgefordert wurde und sich Stadtrat Michael Ludwig als Nachfolger positionieren konnte, zeigt: Aus einer Häupl-Dämmerung ist eine Demontage geworden. Aber Häupl präsentiert sich als "the last man standing" in der Reihe der Polit-Silberrücken, die 20 Jahre und mehr auf dem Buckel haben. Den Bedeutungsverlust hat er so beschrieben: "Wenn ich sage, dass ich nicht mehr antrete, bringt mir der Amtsdiener nicht einmal mehr einen Kaffee."

Auch Erwin Pröll wird lernen müssen, mit dem Machtverlust zurechtzukommen. Und "die Hanni" Mikl-Leitner wird sich emanzipieren müssen, will sie eigene Spuren hinterlassen und nicht nur in die Fußstapfen ihres Gönners treten. Zuletzt verkündete sie stolz: "Ich kann sagen, ich habe das politische Handwerkzeug von Erwin Pröll gelernt." Die Sozialisierung in St. Pölten merkte man ihr auch in Wien an, aber das realpolitische Gewicht des bisher obersten Niederösterreichers hat sie nicht.

Die Arbeit von ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner, der durch den von Pröll mitten im Präsidentschaftswahlkampf verordneten Wechsel von Mikl-Leitner zu Wolfgang Sobotka im Innenministerium düpiert wurde, dürfte einfacher werden. Auch der designierte Pühringer-Nachfolger in Oberösterreich, Thomas Stelzer, gehört einer pragmatischen Politikergeneration an.

Mit dem Abgang von Pröll und Pühringer erledigt sich auch eine der Bedingungen von Sebastian Kurz für eine Kanzlerkandidatur fast von selbst: Er will eine Generalvollmacht. Sein Wunsch nach einem Zurückdrängen der Bünde könnte, wenn man die Rücktrittsaufforderungen an die Adresse von Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl verfolgt, ebenfalls in Erfüllung gehen. Eine Änderung der Realverfassung, dass die Macht von den Ländern ausgeht, könnte auf Bundesebene Handlungsspielräume eröffnen – wenn man sie denn nützt. (Alexandra Föderl-Schmid, 25.3.2017)