Ross Brawn hat Sehnsüchte.

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Melbourne – "Wir wollen die perfekte Welt im Motorsport erzeugen", sagte der neue Sportdirektor Ross Brawn am Freitag in Melbourne, wo am Sonntag der Grand Prix von Australien stattfindet (7 Uhr, ORF 1): "Dazu gehört, dass auch Privatteams Formel-1-Rennen gewinnen können. Das ist im Moment ziemlich ausgeschlossen. Wir brauchen aber Teams mit ähnlichem Potenzial."

Mehr Spannung ist für den ehemaligen Staringenieur der Schlüssel zum kommerziellen Erfolg der Formel 1 und damit auch für den neuen Eigentümer Liberty Media, der die milliardenschwere Übernahme im vergangenen Herbst eingeleitet und vor Saisonstart abgeschlossen hat. Der 62-jährige Brawn bildet mit Vorstandschef Chase Carey und dem kommerziellen Direktor Sean Bratches eine Troika an der Spitze.

Widerstand

Allerdings regt sich schon länger Widerstand der kleinen Teams gegen das fragwürdige Bonussystem für lange Tradition und sportliche Verdienste, das der langjährige Boss Bernie Ecclestone geschaffen hat. Ändern lässt sich das so schnell nicht. Immerhin bestehen bis 2020 Verträge, die Big Playern wie Ferrari, Mercedes, Red Bull oder McLaren garantierte zweistellige Millionenbeträge pro Jahr in die Kassen spülen. Kleine Teams wie Sauber oder Force India müssen mit weit weniger leben, fallen so finanziell immer weiter zurück.

Der Etat von Ferrari ist ohnehin mit geschätzt rund 300 Millionen Euro etwa viermal so hoch wie der von Außenseiter Sauber. Brawn will hier für ein Gleichgewicht sorgen. Befürchtungen, die Topteams, die das Gesicht der Königsklasse seit Jahrzehnten prägen zu verlieren, hat das frühere Ferrari-Superhirn trotz der schwierigen Lage nicht: "Wir müssen alle Teams von den Vorzügen der Formel 1 überzeugen. Wird der Sport größer, wächst auch für alle der Nutzen."

"Premiumsport"

Wie das gelingen soll, ließ Brawn aber ebenso unbeantwortet wie weitere Kernfragen, die die Formel 1 seit Jahren beschäftigen. Bei der Verteilung der Gelder sowie bei der Frage nach dem Motorenreglement nach 2020 warb Brawn um Geduld. "Drei bis fünf Jahre" seien ein realistischer Zeitraum, um spürbare Veränderungen zu erreichen.

Liberty unterstrich darüber hinaus sein Ziel, mehr Nähe zu den Fans zu schaffen. Die Formel 1 sei zwar ein "Premiumsport", ihre Exklusivität sei allerdings "nicht hilfreich", um neue Fans zu gewinnen und diese zu binden, sagte Brawn. Als Beispiel nannte er den Paddock-Club, der für einen vierstelligen Betrag luxuriöses VIP-Ambiente an der Strecke bietet, aber nicht zum Gang ins Fahrerlager berechtigt.

Sportlich dürfte sich wenig geändert haben, Lewis Hamilton dominierte im Mercedes die ersten beiden Trainings, nur sein neuer Teamkollege Valtteri Bottas konnte halbwegs mithalten. (red, sid, 24.3.2017)