Johanna Mikl-Leitner ist neue Obfrau der ÖVP Niederösterreich.

Foto: apa/Punz

Gratulation vom Vorgänger Erwin Pröll.

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St. Pölten – Es wurde Abend und es wurde Morgen: Um den Wechsel an der Parteispitze von Erwin Pröll zu Johanna Mikl-Leitner zu symbolisieren, teilte die niederösterreichische Volkspartei ihren Parteitag nicht nur auf zwei Tage auf, sie ließ auch die Halle des St. Pöltener Veranstaltungszentrums über Nacht umbauen. Im neuen Setting wählten die fast 500 Parteidelegierten die designierte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner am Samstag mit 98,5 Prozent zur Obfrau der ÖVP Niederösterreich.

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Mikl Leitner bedankte sich für das "sensationelle Vertrauen" und nahm die Wahl an. Am Ergebnist "merkt man die Geschlossenheit und Entschlossenheit". Sie versprach, dass sie mit dem ihr entgegengebrachten Vertrauen "sehr respektvoll" umgehen werde.

Am Vorabend hat Pröll den Parteimitgliedern beim "Danke, Erwin Pröll"-Fest noch ins Gewissen geredet, sie mögen seine Nachfolgerin mit einem guten Ergebnis ins Amt schicken – offenbar erfolgreich. Pröll erzielte 1992 bei seinem ersten Antreten als Landesparteiobmann 83,9 Prozent, zuletzt 98 Prozent.

"Nicht die Faulen unterstützen"

Zuvor gab Mikl-Leitner die Stoßrichtung für die Landespartei unter ihrer Führung in einer – dem Vernehmen nach sorgfältig vorbereiteten – Rede vor und bekannte sich gleich zu Anfang zur politischen Selbstbeschäftigung am Parteitag: "Wir sagen immer: Land geht vor Partei, das ist unser Selbstverständnis." Heute solle es einmal anders sein, denn "was wäre Niederösterreich ohne uns?" Nur die ÖVP würde Probleme umfassend erkennen. "Andere sehen Probleme und Aufgaben nur grün, nur rot oder nur blau – wir sehen sie blau-gelb."

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Man lebe in Zeiten, in denen "die soziale Frage so aktuell ist wie schon lange nicht mehr", sagte Mikl-Leitner und erklärte die Gerechtigkeit zum Parteischwerpunkt: "Ganz oben geht es um jene, die jedes Maß verloren haben", ganz unten gehe es um jene, die vom Staat alles erwarten und nur die Hand aufhielten. "Gerechtigkeit heißt, den Fleißigen unter die Arme zu greifen und nicht, die Faulen zu unterstützen." Die niederösterreichische VP sei die "natürliche Heimat" für "die breite Mitte".

Binnen-I und Milchpreis

Verärgert gab sich Mikl-Leitner über Politik, die sich "mehr mit Randthemen beschäftigt als mit echten Problemen". Während sich Menschen sorgen machten, "wie sie über die runden kommen", beschäftige sich die Politik mit Gender Mainstreaming, installiere Ampelpärchen oder überlege, den Heldenplatz umzubenennen.

"Wenn ich bei Google das Stichwort 'Binnen-I' eingebe", schilderte Mikl-Leitner, "dann erhalte ich mehr als eine halbe Million Beiträge. Beim Stichwort Milchpreis nicht einmal die Hälfte. Da stimmt doch die Gewichtung nicht!" Die Politik habe das Gefühl dafür verloren, welche Themen den Menschen wichtig sei – Gespräche am Wirtshaustisch würde das bestätigen.

Wo immer sie hinkomme, stehe "die maßlose Überregulierung" als Problem an erster Stelle. "Bürokratie, Bevormundung und Überregulierung – all das gibt es im Übermaß. Was es zu wenig gibt, ist Augenmaß." In Zukunft brauche es "weniger Sachverständige und mehr Hausverstand".

Bünde und Basis sollen Programm reformieren

Noch vor ihrer Rede startete Mikl-Leitner einen Prozess für ein neues Parteiprogramm, in das die Basis, vor allem aber die Bünde, eingebunden werden sollen. Für die Bündestruktur werde die ÖVP zwar oft belächelt, gestand Mikl-Leitner ein, in Wahrheit sei sie aber die wahre Stärke der Volkspartei. Anfang Juli soll ein Programmtag als Zwischenschritt zum neuen Programm stattfinden; endgültig abgesegnet soll es bei einem Kongress in der unbestimmten Zukunft stattfinden.

In einer Landtagssitzung am 19. April soll Mikl-Leitner zur Landeshauptfrau von Niederösterreich gewählt werden. (Sebastian Fellner, 25.3.2017)