Schönborn: Ausnutzer sind die Schlepper, nicht die Flüchtlinge.

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Wien – In dem von Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) angestoßenen Konflikt um die Flüchtlingsrettung von NGOs vor der libyschen Küste meldet sich nun Kardinal Christoph Schönborn zu Wort. "Hilfsbereitschaft ist schon immer auch ausgenutzt worden. Aber das darf man nicht den Hilfsbereiten zur Last legen", ließ Schönborn den Standard über seinen Sprecher Michael Prüller wissen.

Die Ausnutzer "sind aber nicht die Flüchtlinge", präzisierte Prüller. Sondern die Schlepper, die die in Libyen startenden Flüchtlingsboote so dimensionierten, dass sie es nur knapp aus den Küstengewässern heraus in internationale Gefilde schafften. Dort kreuzen neben Schiffen im Auftrag der EU-Grenzschutzagentur Frontex auch Schiffe von NGOs und retten Menschen. Diese werden nach Italien gebracht.

Kurz: "Migranten zurückstellen"

Kurz erneuerte am Montag seine NGO-Kritik von Freitag: "Es gibt NGOs wie das Rote Kreuz, die hier eine wichtige Arbeit leisten. Aber es gibt leider auch jene NGOs und Initiativen, die laut Frontex mit Schleppern kooperieren." Notwendig sei daher, dass "die Migranten nach der Rettung gestoppt, versorgt und zurückgestellt werden", sagte er.

Davor hatte Bundespräsident Alexander Van der Bellen Vertreter von Caritas, Rotem Kreuz, Diakonie und Ärzte ohne Grenzen empfangen. Hilfsorganisationen und Ehrenamtliche verdienten "Anerkennung und Wertschätzung", sagte Van der Bellen in Reaktion auf die von Kurz sowie dem Leiter des Flüchtlingslagers in Traiskirchen, Franz Schabhüttl, an ihnen formulierte Kritik. Caritas-Präsident Michael Landau appellierte an die politisch Verantwortlichen, "den Wahlkampfmodus wieder abzuschalten".

Patzelt gegen Schabhüttl

Auf die konkret gegen Amnesty gerichteten Vorwürfe Schabhüttls reagierte der Generalsekretär der Menschenrechtsorganisation, Heinz Patzelt, im Standard-Gespräch. Schabhüttl kritisiert die Vorgehensweise Amnestys während und nach einem Besuch im überfüllten Lager am 6. August 2015: Die Amnesty-Delegierten hätten zum Beispiel die Einladung zum Mittagessen aus der Großküche abgelehnt. Patzelt: "Das war keine Unhöflichkeit, sondern hat mit der Einhaltung internationaler Compliance-Standards bei derlei Besuchen zu tun."

Statt sich im Nachhinein an derlei Details zu stoßen, hätte Schabhüttl als Leiter Traiskirchens vielmehr im Frühjahr und Frühsommer 2015 auf die sich zuspitzende Überfüllungssituation reagieren müssen: "Er hätte das Lager ganz schließen können." Denn trotz zunehmender Asylantragszahlen hätten Länder und Gemeinden damals mit dem Bund fortgesetzt über Quoten gestritten, statt Vorsorge für noch mehr Flüchtlingsankünfte zu treffen, die im Herbst dann auch stattfanden.

Auf Twitter äußerte sich auch der Journalist Georg Hönigsberger zu dem Text von Franz Schabhüttl: "Das Buch hätte ich schreiben sollen." Von Jänner bis März 2016 habe er dafür Interviews geführt, doch beim Abhören sei ihm klar geworden: "Dieses Buch kann ich, so wie es gewünscht war, nicht verantworten. Ich legte das Projekt zurück". (Irene Brickner, 27.3.2017)